Gedenken an Zerstörung Dresdens "Nicht zulassen, dass Ursache und Wirkung vertauscht werden"

Im Hinblick auf die Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens hat Bundeskanzler Gerhard Schröder an die Deutschen appelliert, die Opfer des Krieges und der Nazi-Herrschaft nicht gegeneinander aufzurechnen.

Trotz eines geplanten NPD-Aufmarsches und linker Gegenaktionen soll von den Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am Sonntag eine Botschaft des Friedens und der Versöhnung ausgehen. Friedensinitiativen, Politiker und Organisationen riefen dazu auf, gegen den politischen Missbrauch des Gedenkens durch die Rechtsextremisten zu protestieren. Dresden war knapp drei Monate vor Kriegsende bei Luftangriffen britischer und amerikanischer Bomber am 13. und 14. Februar 1945 schwer zerstört worden, schätzungsweise 35 000 Menschen starben.

Großes Polizeiaufgebot soll linke und rechte Extremisten in Schach halten

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) appellierte an die Deutschen, die Opfer des Krieges und der Nazi-Herrschaft nicht gegeneinander aufzurechnen. Mit Blick auf die angekündigten NPD-Kundgebungen zum 60. Jahrestag der Bombenangriffe auf Dresden sagte der Kanzler der "Welt am Sonntag", er werde Versuchen, die Geschichte umzudeuten, mit allen Mitteln entgegentreten. "Wir werden nicht zulassen, dass Ursache und Wirkung vertauscht werden." Die Rechtsextremen prangern die Angriffe regelmäßig als "alliierte Kriegsverbrechen" an.

Überlebende des Holocaust und der Dresdner Bombennacht warnten bei einem Treffen am Samstag vor Gleichgültigkeit gegenüber den Neonazis. "Das Gefährliche ist nicht die schreiende Minderheit der Neonazis, sondern die schweigende Mehrheit, die gleichgültig ist", sagte die Prager Jüdin Michaela Vidlakova. Die Teilnehmer eines Internationalen Kolloquiums riefen zur selbstkritischen Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und der Bombardierung Dresdens auf.

Linke Gruppierungen marschieren unter dem Titel "No Tears for Krauts"

Rund 300 Vertreter linker Gruppierungen erinnerten bei einem Gedenkmarsch an die Kriegsopfer auf Seiten der Anti-Hitler- Koalition. Er war als Gegendemonstration zum Aufmarsch Rechtsextremer gedacht. Unter dem Titel "No Tears for Krauts" (Keine Tränen für Deutsche) kritisierten die Linken "Geschichtsverfälschung" und "Opfermythos". "Wir werden der Zehntausenden Angehörigen des englischen Bomber Command, der amerikanischen Luftwaffe und der Roten Armee gedenken, die im Kampf um die Befreiung vom Nationalsozialismus ihr Leben ließen", hatten die Veranstalter mitgeteilt.

Die Polizei hatte angekündigt, konsequent gegen Gewaltaktionen vorzugehen. Ein Zusammentreffen von Linken und Rechtsextremen soll verhindert werden. Insgesamt werden am Sonntag bis zu 90 000 Menschen zu den Veranstaltungen erwartet. Nach einem Friedenslauf am Sonntagmorgen ist auf dem Heidefriedhof eine Kranzniederlegung vorgesehen. Dort sind die meisten Opfer der Bombennacht begraben.

Weiße Rose als Protestzeichen gegen Rechts

Initiativen riefen die Dresdner dazu auf, als Zeichen des Protestes gegen Rechts eine weiße Rose zu tragen. Zudem soll am Sonntagabend mit 10 000 Lichtern eine große brennende Kerze als Signal des Friedens vor der Semperoper entstehen. Als Symbol der Versöhnung soll die auch mit Geld aus den USA und Großbritannien wiederaufgebaute Frauenkirche am späten Abend für drei Stunden zugänglich sein. Diese "Nacht der Stille" soll ein Zeichen gegen Krieg, Rassismus und Gewalt setzten.

In den friedlichen Protest der Aktion "GEHDenken" gegen die NPD- Demonstration wollen sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe (SPD), die Grünen- Fraktionschefinnen Katrin Göring-Eckardt und Krista Sager und der frühere PDS-Bundesvorsitzende Gregor Gysi einreihen. Zu offiziellen Gedenkfeiern der Stadt werden unter anderen der britische Botschafter Sir Peter James Torry, der USA-Botschafter Daniel R. Coats und Frankreichs Botschafter Claude Pierre Marcel Martin erwartet.

DPA