Der Ansprechpartner der Terrororganisation Islamische Dschihad-Union habe bei den drei Attentätern auf einen Anschlag noch im September gedrungen, berichteten übereinstimmend der Berliner "Tagesspiegel", "Die Welt" (beide Samstag) und das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft wollte sich dazu am Samstag auf dpa-Anfrage nicht äußern, weil diese Information zum "Kernbereich der Ermittlungen" gehöre.
Anschlag in Deutschland galt als Prestigeerfolg
Sie bestätigte aber, dass die Männer in Frankreich bereits drei Kleintransporter gekauft hatten. Es gebe aber keinen Beweis für die Aussage eines anonymen Ermittlers im Nachrichtenmagazin "Focus", dass die Fahrzeuge für Autobomben gedacht waren. Die Ermittlungen werden nach Angaben der Sprecherin noch monatelang dauern. Bei der Durchsuchung des Hauses im Sauerland wurden laut "Spiegel" Zünder aus Syrien gefunden.
Mit den Anschlägen wollte sich die bisher wenig bekannte Dschihad- Union nach Einschätzung eines hochrangigen Sicherheitsexperten international Aufmerksamkeit verschaffen, schrieb der "Tagesspiegel". Deutschland wurde demnach ausgesucht, weil es hier noch keinen islamistischen Anschlag gab und ein solcher unter Islamisten als besonderer Prestigeerfolg gegolten hätte.
"Sind die Geschenke bereit?"
Die beiden Deutschen und ihr türkischer Komplize waren im vergangenen Jahr von Terror-Ausbildungen in Nordpakistan laut "Welt" mit dem Auftrag zurückgekehrt, Anschläge in Deutschland zu verüben. Sie verhielten sich streng konspirativ, nutzten für die Kommunikation mit ihren Autraggebern laut "Focus" weit von ihrem Aufenthaltsort entfernte Telefon-Läden und tauschten laut "Tagesspiegel" E-Mails aus, die in speziellen Internet-Speichern hinterlegt und abgerufen wurden. Demnach nutzten sie auch Tarnbezeichnungen und sprachen etwa von "Geschenken", wenn es um die Anschläge ging.
Schließlich habe ihr Ansprechpartner in Pakistan Druck gemacht, berichtet der "Tagesspiegel". "Sind die Geschenke bereit?", soll er gefragt haben. Laut "Spiegel" erteilte er in einem Telefonat Ende August den Auftrag, innerhalb von zwei Wochen einen Anschlag zu verüben.
Die Bundesanwaltschaft hatte bereits mitgeteilt, dass sie außer gegen die drei Festgenommenen gegen fünf weitere namentlich bekannte Verdächtige ermittelt, außerdem auch gegen zwei, von denen nur die Decknamen bekannt sind - offensichtlich die Auftraggeber aus Nordpakistan.
Kooperation bei Terrorermittlungen laut US-Minister eng wie nie
Die über Monate laufenden Ermittlungen gegen die deutschen Terrorverdächtigen und ihre Hintermänner waren offenbar eines der wichtigsten Themen in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Schon während des G-8-Gipfels in Heiligendamm hatte US-Präsident George W. Bush Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die laufenden Ermittlungen in der von den Geheimdiensten "Operation Alberich" getaufte Überwachung angesprochen, schreibt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". In Berlin arbeitete demnach gar eine gemeinsame Arbeitsgruppe deutscher Behörden und der amerikanischen CIA an dem Fall. Die Kooperation sei "so eng wie nie" gewesen, zitiert das Magazin den US-Heimatschutzminister Michael Chertoff.
Die Sprecherin der Behörde bestätigte, dass die Ermittler darüber hinaus zahlreiche weitere Personen aus der Dschihad-Union im Fokus haben. Bei ihnen reichten die Erkenntnisse bisher aber nicht, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, erklärte sie. Die von Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) genannte Zahl von insgesamt 50 Beteiligten konnte sie nicht bestätigen. Bundeskriminalamt-Präsident Jörg Ziercke spricht laut "Welt" intern von insgesamt 49 Personen im In- und Ausland.
Union will Online-Durchsuchungen erlauben
Derweil machen die Unionsparteien weiter Druck auf die SPD, um den Sicherheitsbehörden die heimliche Durchsuchung von Computern übers Internet zu erlauben. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, verlangte in der "Stuttgarter Zeitung" (Samstag) vom Koalitionspartner "konsequentes Handeln" statt "demonstrativer Gelassenheit". CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", letztlich werde die SPD ihre Vorbehalte "aufgeben müssen". Hessens CDU-Innenminister Volker Bouffier äußerte sich in der "Frankfurter Rundschau" (Samstag) überzeugt, dass Online-Durchsuchungen auch im neuen Fall geholfen hätten.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz erklärte sich damit einverstanden, zur Terrorabwehr Erkenntnisse ausländischer Geheimdienste aus Online-Durchsuchungen zu nutzen - "selbst dann, wenn Herkunft und Methode ihrer Gewinnung in Deutschland nicht bekannt oder vielleicht unzulässig sind". Er bezweifelte in der "Netzeitung" aber, dass die Informationen "gerichtsfest" wären.