Das Thema bereitete auch Angela Merkel sichtlich Unbehagen. Wenn die CDU-Chefin zuletzt befragt wurde, ob sie den Irak-Krieg immer noch für gerechtfertigt halte, verteidigte sie ihren US-freundlichen Kurs zwar standhaft. Doch das tägliche Sterben im Irak, die ergebnislose Suche nach Saddam Husseins angeblichen Massenvernichtungswaffen scheinen auch bei ihr zumindest Nachdenklichkeit aufkommen zu lassen, ob die Unterstützung für US- Präsident George W. Bush hundertprozentig richtig war. Öffentlich räumte sie sogar ein, dass die Entscheidung über Pro oder Contra zum US-Vorgehen gegen Saddam Hussein für sie immer noch "quälend" sei.
Der Irak-Krieg und die Folgen beunruhigen die Union
Am Montag - nach der Sitzung von Präsidium und Vorstand der CDU - trat sie auf, als habe sie nie ein Zweifel geprägt. Da war sie wieder die eiserne Lady, die schon während des Irak-Konflikt scheinbar unbeirrt einen in Deutschland unpopulären Kurs gefahren hatte. Als hätte sie auf die Frage gewartet, ob sie im Hinblick auf den Irak demnächst einen Fehler einräumen werde, beschied sie die Fragesteller mit einem klaren Nein. Ein Abrücken von dem, was sie einst gesagt und mit einer Reise nach Washington im Februar 2003 auch symbolisch untermauert hatte, werde die Öffentlichkeit "nicht erleben".
Dennoch: Der Irak-Krieg und seine Folgen beunruhigen die Union. Zum einen ist da die Befürchtung, die SPD könne das Thema im Europawahlkampf erneut aufwärmen. Aber vor allem ist mittlerweile auch in den Reihen von CDU und CSU das Vertrauen zur Bush-Regierung erschüttert.
Horst Köhler bezeichnet Verhalten der USA als "arrogant"
So sprach der Bundespräsidentenkandidat der Union, Horst Köhler, mit seiner Kritik am Vorgehen der USA vielen aus dem Herzen. Bush und seine Mannschaft hätten im Irak "schwerwiegende Fehler" gemacht und vor allem keine Nachkriegsstrategie entwickelt, erklärte Köhler vergangene Woche vor Düsseldorfer CDU-Landtagsabgeordneten. Das US-Verhalten sei "arrogant". Ein führendes Parteimitglied: Da sei nichts gewesen, was er nicht auch unterschreiben könne.
Nahezu genüsslich stellte am Montag Regierungssprecher Béla Anda fest, dass Köhlers Aussage nicht der Wortgebrauch der Bundesregierung sei. Mit Blick auf die Union verkniff er sich nicht die Bemerkung, es scheine sich "langsam dort festzusetzen", dass die Haltung der rot- grünen Regierung in der Irak-Krise richtig gewesen sei.

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Schönbohm: Entscheidung für den Krieg war "rückblickend falsch"
So weit würde Köhler vermutlich nicht gehen. Aber auch in der Union sehen einige führende Politiker die Zeit gekommen, zumindest die Frage zu stellen, ob im Nachhinein besehen der Krieg richtig war. Präsidiumsmitglied Jörg Schönbohm meinte, die Entscheidung sei "rückblickend falsch" gewesen. Schönbohm bezog sich dabei auf die amerikanischen Hinweise auf angebliche Massenvernichtungswaffen, die sich aber als nicht stichhaltig erwiesen haben.
Das alles ficht noch nicht die Autorität von Merkel an. Schönbohm und auch CDU-Außenexperte Friedbert Pflüger argumentieren auf Grundlage der nachträglich bekannt gewordenen Fakten. Auf diese Diskussion will sich Merkel nicht einlassen.
Sie will nur erörtern, ob die Entscheidung vor allem aus damaliger Sicht richtig oder falsch war. Und so argumentiert sie auch heute unbeirrt, dass der Druck durch die Vereinten Nationen auf Saddam Hussein sein musste. "Es bleibt in meinen Augen unverändert falsch, dass Deutschland damals ohne Abstimmung mit den europäischen Partnern gesagt hat: Egal, was die UNO beschließt, wir machen nicht mit." Das habe den Krieg letztlich wahrscheinlicher gemacht.
Ulrich Scharlack, DPA