Umfrage zum Nahost-Krieg In Ostdeutschland hat Israel einen schweren Stand

Eine Frau hält eine Kerze und eine israelische Flagge, während sie an einer Mahnwache vor einer Synagoge in Berlin, Deutschland, teilnimmt, Freitag, 13. Oktober 2023. Hunderte Berlinerinnen und Berliner versammelten sich am Vorabend des Schabbat vor der Synagoge am Fraenkelufer, um sie und den darin stattfindenden Gebetsgottesdienst vor möglichen Anschlägen zu schützen.
Eine Frau hält eine Kerze und eine israelische Flagge, während sie an einer Mahnwache vor einer Synagoge in Berlin, Deutschland, teilnimmt, Freitag, 13. Oktober 2023. Hunderte Berlinerinnen und Berliner versammelten sich am Vorabend des Schabbat vor der Synagoge am Fraenkelufer, um sie und den darin stattfindenden Gebetsgottesdienst vor möglichen Anschlägen zu schützen.
© Markus Schreiber / Picture Alliance / AP
Wie positionieren sich die Deutschen im Krieg in Nahost? Eine neue Umfrage gibt Antworten. Bemerkenswert sind die Zahlen vor allem in Ostdeutschland.

Für diese Rede erhielt Robert Habeck viel Beifall. In einer emotionalen Videoansprache hatte der Bundeswirtschaftsminister am Freitag die Terrorattacke der Hamas in Israel als "barbarische Gewalt gegen unschuldige Zivilisten" bezeichnet und Israel Deutschlands "uneingeschränkte Solidarität" zugesichert. Das Land habe "alles Recht sich zu verteidigen und wir werden es dabei unterstützen", so Habeck.

Auch für seine Grünen-Parteifreundin, Außenministerin Annalena Baerbock, die als erste deutsche Politikerin nach den Anschlägen nach Israel gereist war, gab es Lob für ihre klare Positionierung. 

Eine neue Umfrage zeigt nun, dass unter den Anhängern der Grünen die Meinung zur Reaktion Israels auf die Anschläge keineswegs so eindeutig ist, wie die ihrer Führung. Ihr zufolge finden zwar 61 Prozent das militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen gegen die Hamas "angemessen", fast 24 Prozent lehnen dies aber ab. Rund 15 Prozent der Grünen-Wähler sind in der Frage unentschieden.

Linke lehnen Vorgehen der israelischen Armee ab 

Für die repräsentative Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Civey vom 14. bis 16. Oktober online rund 2500 Menschen in Deutschland. Die jüngsten Ereignisse wie die Zerstörung eines Krankenhauses in Gaza unter ungeklärten Umständen sind darin nicht abgebildet. Auftraggeber ist der Verein ELNET, ein Netzwerk von Führungspersönlichkeiten, das sich für die europäisch-israelischen Beziehungen einsetzt.   

Umfrage zum Nahost-Krieg: In Ostdeutschland hat Israel einen schweren Stand
© stern

Insgesamt bewerteten 57,9 Prozent der Befragten das militärische Vorgehen Israels im Gaza-Streifen als angemessen. 22,8 Prozent stimmten dieser Aussage "nicht" oder "eher nicht" zu, 19,3 Prozent waren unentschlossen. Die höchste Zustimmung gab es bei den Anhängern der Union (68,6%), gefolgt von 66 Prozent bei den FDP-Anhängern und 63,9 Prozent bei den SPD-Wählern. Unter den Anhängern der AfD fanden nur 49,3 Prozent das Vorgehen richtig, bei den Linken-Wählern überwog die Ablehnung (56,8 Prozent). 

Deutliche Unterschiede gibt es zwischen Ost und West. Während in Westdeutschland 61,5 Prozent hinter dem israelischen Vorgehen stehen, sind es im Osten nur 45,4 Prozent.  

Eine stärkere Kontrolle von Hilfsgeldern an palästinensische Organisationen finden rund 87 Prozent der Bevölkerung richtig. Aber auch hier gibt es Unterschiede. Linken-Anhänger sind nur zu 44,1 Prozent dafür, Wähler von CDU und CSU hingegen zu 95 Prozent. Unter den Ampelparteien herrscht bei den Grünen-Wählern die größte Zurückhaltung in dieser Frage: 82,5 Prozent sprechen sich dafür aus, die Hilfsgelder an strengere Auflagen zu knüpfen, bei der FDP sind es 86,7 Prozent, bei der SPD 87,8 Prozent. 

Anhänger von Linke und AfD sehen die Hamas weniger kritisch 

Die Rolle der Hamas bewertet eine sehr deutliche Mehrheit von knapp 85 Prozent der Deutschen im aktuellen Krieg als negativ. Auch hier fallen die Anhänger der Linken mit 72,4 Prozent aus dem Rahmen. Unter AfD-Sympathisanten halten gar nur 70,6% die Rolle der Hamas für negativ.

"Die deutsche Bevölkerung steht in diesen schweren Stunden klar an der Seite Israels", sagte ELNET-Geschäftsführer Carsten Ovens dem stern über das Ergebnis der Studie. Er sieht einen "bemerkenswerten Konsens in der deutschen Bevölkerung, die oftmals intransparente Zahlung von Geldern an palästinensische Organisationen grundlegend zu ändern und an strengere Auflagen zu knüpfen". Erkennbar sei auch der "klare Wunsch" der Deutschen an die Politik, sich stärker um eine Normalisierung und Frieden im Nahen Osten zu bemühen.  

So sind fast Dreiviertel der Deutschen der Ansicht, dass Deutschland die "Abraham-Abkommen", also die Friedensverträge zwischen Israel und Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko, fördern sollte. Besonders ausgeprägt ist diese Haltung bei Anhängern den Grünen, die ihre Wurzeln in der Friedensbewegung der 70er- und 80er-Jahre hat. Sie stimmten der Aussage zu 89,7 Prozent zu. Besonders niedrig fiel die Zustimmung unter AfD-Wählern aus. 

Mehr als jeder zehnte Deutsche hält Israel für "eine Gefahr" 

Auf die Frage, welcher Staat eine Gefahr für die deutsche Sicherheit darstellt, sind sich die Deutschen weitgehend einig. 74,4 Prozent sehen vor allem Russland als eine solche Bedrohung, gefolgt vom Iran (66,9%). Eine andere Auffassung vertreten Anhänger von AfD und Linken: Für sie ist mit 46 bzw. 40,6 Prozent die USA die zweitgrößte Gefahr für Deutschlands Sicherheit.

Und: Mehr als jeder zehnte Deutsche glaubt laut Umfrage, dass von Israel eine Gefahr für die deutsche Sicherheit ausgeht.