Nach Kritik an dem von einer Privatfirma hergestellten Staatstrojaner will der Bund seine Spionagesoftware künftig selbst entwickeln. Dafür wird ein Kompetenzzentrum beim Bundeskriminalamt (BKA) eingerichtet, wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach Beratungen mit seinen Kollegen aus den Ländern am Donnerstag in Berlin sagte.
Friedrich lud die Länder ein, sich an dem Kompetenzzentrum zu beteiligen. Am Mittwoch hatte BKA-Präsident Jörg Ziercke Berichten zufolge vor dem Bundestagsinnenausschuss eingeräumt, dass das BKA den Quellcode der eingesetzten Trojaner-Software nicht kenne. Erst anhand des Quellcodes lässt sich jedoch nachvollziehen, was eine Software wirklich kann und tut.
Anfang vergangener Woche hatte der Chaos Computer Club (CCC) nach der Untersuchung des von einer Privatfirma entwickelten Staatstrojaners den Vorwurf erhoben, die Spionagesoftware könne mehr, als nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zulässig sei.
Friedrich räumte ein, dass es einige Zeit in Anspruch nehmen werde, bis der Bund seine eigene Spionagesoftware herstellen kann. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU), bekundete seine Unterstützung für das Vorhaben. "Das Land Hessen wird sich daran beteiligen", erklärte Rhein in Wiesbaden. Hessen habe die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ausschließlich aufgrund richterlicher Beschlüsse vorgenommen. "Ich halte dieses Vorgehen innerhalb der gesetzlichen Grenzen auch in Zukunft für absolut notwendig um Terrorismus und Schwerkriminalität effektiv bekämpfen zu können."
"Schritt in die richtige Richtung"
Zuvor hatte bereits der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), angekündigt, dass der Bund die Spionagesoftware künftig selbst entwickeln werde. Unterstützung erhielt Friedrich von der FDP. Die Absicht des Bundesinnenministers, von Sicherheitsbehörden eingesetzte Trojaner in Zukunft durch staatliche Stellen selbst entwickeln zu lassen, sei "ein Schritt in die richtige Richtung", erklärte der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) regte die Einschaltung einer unabhängigen Kontrollbehörde für den Einsatz von Staatstrojanern an. Wenn es die Transparenz und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärke, könne die entsprechende Software künftig einheitlich zertifiziert werden, sagte Schünemann der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe).
Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, sagte der Online-Ausgabe der Hallenser "Mitteldeutschen Zeitung" vom Donnerstag: "Der Staat muss die Programme selbst schreiben und kennen, was er einsetzt." Hartmann forderte zudem klarere Regeln für den Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Dafür solle die Strafprozessordnung geändert werden. Mit Hilfe der Quellen-TKÜ werden Telefonate, Mails und Chats im Internet überwacht.
Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" vom Donnerstag haben das Zollkriminalamt und andere Behörden Millionenaufträge ohne Ausschreibung an die Herstellerfirma der Trojaner, das Unternehmen Digi Task, vergeben. Allein das Zollkriminalamt habe laut Amtsblatt der Europäischen Union vielfach ohne Ausschreibung von März 2008 bis Januar 2009 Spähprogramme im Wert von mehr als 2,7 Millionen Euro vergeben.