Kotenev-Interview Scheitert die Ostsee-Gaspipeline?

Die finnische Regierung hat Einwände, die schwedische und die polnische Regierung ebenso: Das mehrere Milliarden teure Projekt einer Erdgas-Pipeline durch die Ostsee ist ins Stocken geraten. Russlands Botschafter Kotenev drängt im stern.de-Interview die Bundesregierung zum Handeln.

Der russische Botschafter in Berlin, Wladimir Kotenev, hat die Bundesregierung zu mehr Einsatz für die umstrittene Ostsee-Erdgas-Pipeline aufgefordert, um das Projekt vor dem Scheitern zu bewahren. "Ich würde mir schon viel mehr Einsatz wünschen, ganz besonders in der Europäischen Kommission", sagte Kotenev in einem Interview mit stern.de. Auf die Frage, ob das Kanzleramt noch an dem Projekt interessiert sei, antwortete Kotenev: "Ich habe nichts Gegenteiliges gehört. Man ist interessiert, aber wir möchten schon viel mehr Bewegung in dieser Sache." Er hoffe nicht, dass das Projekt überhaupt gefährdet sei, "aber die Schwierigkeiten liegen auf der Hand. Vor allen Dingen im Moment mit unseren schwedischen und finnischen Nachbarn."

Gegen die Pipeline werden in Schweden, Finnland, den baltischen Staaten und Polen vor allem Umweltbedenken, aber auch politische Einwände ins Feld geführt. Schweden hatte kürzlich den russischen Bauantrag als unzureichend zurückgewiesen. Kotenev sagte, schon jetzt sei absehbar, dass durch diesen Widerstand Zeitplan und Kostenrahmen für die 1200 Kilometer lange Röhre zwischen dem russischen Wyborg und dem deutschen Greifswald nicht mehr eingehalten werden könnten. Die Gasleitung sollte eigentlich ab Sommer 2009 in der Ostsee verlegt werden und 2010 fertig sein. Als Baukosten waren rund fünf Milliarden Euro vorgesehen. Kotenev bestätigte nun aber eine neue Kostenschätzung des Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Schröder, der inzwischen von acht Milliarden Euro ausgeht. "Und da sind auch Arbeitsplätze gefährdet", fügte der Botschafter hinzu.

Sondersitzung der EU geplant

"Wer nichts machen will, der sucht nach einem Grund, nach einer Begründung", sagte Kotenev zu dem schwedischen Widerstand gegen das Projekt. "Und das sehen wir, all diese Argumente. Davon halten wir gar nichts." Die Pipeline werde von deutschen und norwegischen Unternehmen "mit allen internationalen Normen projektiert und gebaut". Er hoffe, dass die geplante Sondersitzung der EU-Kommission zu der Pipeline am 6. März eine Klärung bringen werde. Die Verlegung der Pipeline über Land als Alternative zu der Route durch die Ostsee lehnte der Botschafter ab. Unter Wasser sei der für die Durchleitung notwendige Gasdruck leichter zu erreichen. An dem Gemeinschaftsprojekt mit dem russischen Staatskonzern Gasprom sind auf deutscher Seite die Unternehmen Eon und BASF beteiligt.

lk