Gesundheitsexperten halten langfristig höhere Beiträge bei den gesetzlichen Krankenkassen für unvermeidlich. "Klar ist auf jeden Fall, dass es teurer wird", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn am Montag im ARD-Morgenmagazin. "Wir werden sicher nicht auf alle Zeiten etwa auch Beitragssatzerhöhungen ausschließen können."
Eigentlich sind die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen auf 14,9 Prozent eingefroren. Aber laut Gesetz können die Kassen die allgemeinen Beiträge anheben, wenn zwei Jahre lang die Einnahmen in den Gesundheitsfonds die Ausgaben zu weniger als 95 Prozent decken. Zusatzbeiträge sind schon jetzt möglich. Ohne Einkommensprüfung können von den Versicherten bis zu acht Euro im Monat zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz erhoben werden.
Sparen nur begrenzt möglich
Spahn sagte, schon jetzt werde versucht, an der einen oder anderen Stelle zu sparen. "Aber das geht auch nur in begrenztem Maße, weil bei den Arzneimitteln ja nicht Hustensaft, sondern neue Krebsmittel teurer geworden sind." Die Frage sei jetzt, wie das zu finanzieren sei. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hatte am Wochenende angekündigt, die Preise der Arzneimittelfirmen genau zu untersuchen. Der Vorstandsvorsitzende der DAK, Herbert Rebscher, verwahrte sich gegen Vorwürfe von Politikern gegen die Kassen wegen der Zusätzbeiträge. "Es ist schon befremdlich, wenn Politiker, die die Gesundheitsreform selbst beschlossen haben, jetzt die Kassen dafür kritisieren", sagte Rebscher der "Süddeutschen Zeitung". Schuld an der finanziellen Situation der Krankenkassen sei die Finanzlücke des Gesundheitsfonds. "Weil es diese Unterfinanzierung im Gesundheitsfonds gibt, werden bis zum Jahresende alle Kassen einen Zusatzbeitrag beschließen müssen."
DAK-Chef für Preisobergrenzen bei Medikamenten
Rebscher forderte Rösler auf, den deutschen Pharmamarkt neu zu ordnen und die Kostensteigerung vor allem bei den Arzneimitteln zu stoppen. "Wir brauchen eine Kosten-Nutzen-Bewertung bei der Einführung neuer Medikamente", sagte Rebscher. Er regte außerdem Preisobergrenzen für Arzneimittel an. Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger setzt sich für eine Stufenlösung bei der mittelfristig geplanten Gesundheitsreform ein. Nach dem Koalitionsvertrag wollen Union und FDP die Finanzierung der Gesundheitskosten auf ein einkommensunabhängiges System umstellen. Vor allem die CSU hat aber Widerstand gegen die von der FDP angestrebte Kopfpauschale angemeldet.
Pinkwart tritt auf den Plan
Homburger wies die Kritik von CSU-Chef Horst Seehofer an der geplanten Reform zurück. Wenn der bayerische Ministerpräsident gegen die Reform wie angekündigt "Sturm laufen" wolle, so wende er sich gegen das, was er selbst ausgehandelt und im Koalitionsvertrag unterschrieben habe, argumentierte sie. "CDU, CSU und FDP haben die Überführung in ein System mit einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen und einem sozialen Ausgleich im Koalitionsvertrag festgeschrieben, und der gilt für alle Partner."
FDP-Vize Andreas Pinkwart fordert derweil sogar den Stopp der Zusatzbeiträge. Die FDP solle mit dem Koalitionspartner darüber sprechen, die Zusatzbeiträge zu stoppen. "Damit wir darüber nachdenken können, wie wir das besser machen", sagte Pinkwart. Sein Parteifreund Rösler hatte hingegen gesagt, die Zusatzbeiträge sollten sozial gestaltet werden.