Immer mehr gesetzliche Krankenkassen wollen von ihren Versicherten mehr als acht Euro monatlich als Zusatzbeitrag verlangen. Beispielsweise machte die BKK Westfalen-Lippe am Mittwoch ihre Ankündigung wahr und forderte zwölf Euro, weil dies "sozialer" sei. Die GBK Köln und die BKK Heilberufe wollen sogar den Höchstsatz von ein Prozent des Einkommens als Zusatzbeitrag erheben. Laut Gesetz können die Kassen Zusatzbeiträge erheben, wenn sie nicht mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfond auskommen.
Zur Begründung, warum die BKK Westfalen-Lippe zwölf statt acht Euro zusätzlich erheben will, sagte Vorstandschef Willi Tomberge der "Bild"-Zeitung: "Das ist viel gerechter, denn es enthält eine deutlich soziale Komponente." Eine Pauschale von acht Euro könne ohne Einkommensprüfung erhoben werden. Darüber liegende Zusatzbeiträge dürften ein Prozent des Bruttoeinkommens des Versicherten nicht übersteigen. Ein Student mit 500 Euro Einkommen zahle also nur fünf Euro Zusatzbeitrag.
Die kleine GBK Köln und die BKK Heilberufe mit Sitz in Düsseldorf fordern von ihren Mitgliedern rückwirkend zum 1. Januar den höchsten Zusatzbeitrag, den eine Kasse zurzeit nehmen darf. Beide Kassen bestätigten der "Rheinischen Post", dass sie begonnen haben, ihre Versicherten zu informieren. In einem Schreiben der GBK heißt es: "Gerade Bezieher geringer Einkommen haben die Erhebung von acht Euro monatlich als ungerecht empfunden." Maximal dürfen als Zusatzbeitrag 37,50 Euro erhoben werden. Denn die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 3.750 Euro.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, er wolle die Zusatzbeiträge als Probelauf für die von ihm angestrebte Kopfpauschale nutzen. Dabei habe er aber die soziale Sprengkraft vollkommen falsch eingeschätzt. "Verlierer der Eskapaden des Herrn Rösler sind die Versicherten, die weiter doppelt zahlen dürfen, mit ihren Beiträgen und der kleinen Kopfpauschale."
Der Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Johannes Singhammer, sagte im rbb-Inforadio, die Zusatzbeiträge einiger gesetzlicher Krankenkassen seien kein Einstieg in die umstrittene Kopfpauschale. Dafür gebe es "noch zwei große Hürden". So seien erhebliche Steuermittel nötig, um den geplanten Sozialausgleich für Geringverdiener zu schaffen. Außerdem müssten bei dem Prämienmodell die Versicherten ihre Einkünfte offenlegen, wenn sie einen Zuschuss beantragten. Dabei sei "noch völlig ungelöst", welcher bürokratische Aufwand und welche Nachweise nötig seien.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat inzwischen ein Gegenmodell zur Gesundheitsprämie entwickelt. Nach einem "Zeit"-Bericht soll demnach die gesetzliche Krankenversicherung ähnlich finanziert werden wie das Rentensystem. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen einen gleich hohen Beitragssatz, über dessen Höhe die Kassen entscheiden. Hinzu kommt ein Zuschuss aus Steuermitteln.
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