Kundus-Affäre Guttenberg wirft Opposition Täuschung vor

Nach den schweren Vorwürfen in der Kundus-Affäre geht Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in die Gegenoffensive. Er wirft SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin vor, die Aufsehen erregenden Details des Luftangriffs schon lange zu kennen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat seinen Kritikern aus der Opposition vorgeworfen, die Details des Luftangriffs von Kundus schon seit Anfang November zu kennen. Seit diesem Zeitpunkt seien sie darüber informiert, dass auch die Taliban Ziel des Bombardements vom 4. September gewesen seien, sagte Guttenberg am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. "Was den Vorwurf der Täuschung und der Lüge in meiner Amtszeit betrifft, kann ich nur sagen, dass sich Herr Gabriel und Herr Trittin hüten müssen, sich nicht selbst dem Vorwurf der Täuschung auszusetzen", sagte Guttenberg an die Adresse von SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin.

Der Isaf-Untersuchungsbericht für die Nato liege seit 3. November vor. "Sogar in deutscher Übersetzung", berichtete Guttenberg. Die Oppositionsfraktionen seien am 6. November unterrichtet worden. "Auch die Taliban, auch die Lastwagen waren ein Ziel. ... Darauf wurde die Opposition bereits hingewiesen."

Die Bundeswehr in Afghanistan

Die internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) ist seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 im Land. Die ISAF soll Stabilität und den Wiederaufbau in Afghanistan sicherstellen. Sie hat dafür ein Mandat der Vereinten Nationen (UN), das der Bundestag für die Bundeswehr Anfang Dezember um ein Jahr verlängert hat. Seit August 2003 steht die ISAF unter dem Kommando der NATO. Derzeit sind laut ISAF mehr als 71 000 Soldaten aus 43 Staaten am Hindukusch im Einsatz. Die meisten Soldaten werden von den USA gestellt (34 800), gefolgt von Großbritannien (9000) und Deutschland. Die Bundeswehr ist mit gegenwärtig 4580 Soldaten vor allem im Norden Afghanistans stationiert. Afghanistan ist von der ISAF in vier Regionen und die Hauptstadt Kabul eingeteilt worden. Im Osten haben die USA das Kommando, im Süden Kanada, Italien ist für den Westen zuständig, Deutschland für den Norden. Insgesamt 26 zivile Aufbauteams (PRTs) werden von den Militärs geschützt.

Ruf nach klaren Regeln für Afghanistan-Einsatz wird laut

Guttenberg wies Rücktrittsforderungen ebenso zurück wie Vorwürfe, in der Affäre die Unwahrheit gesagt zu haben. Die Opposition verlangte eine Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Aufklärung durch Guttenberg noch diese Woche. In der Union wurde der Ruf nach klareren Regeln für den Waffeneinsatz in Afghanistan lauter. Am Mittwoch konstituiert sich ein Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre. Dessen Arbeit dürfte erst im Januar in Gang kommen.

Guttenberg sagte, der entlassene Bundeswehrgeneralinspekteur Wolfgang Schneiderhan habe sich inzwischen zur Klarstellung genötigt gesehen, dass ihm - Guttenberg - Dokumente über den Angriff vorenthalten worden seien. "Ich habe das schriftlich von ihm, dass mir Dokumente vorenthalten wurden", sagte der Minister. Guttenberg wies darauf hin, dass er selbst bereits vor einiger Zeit seine Einschätzung des Angriffs korrigiert habe.

Seehofer hält zu Guttenberg

CSU-Chef Horst Seehofer sprach Guttenberg unterdessen in der CSU-Vorstandssitzung sein "uneingeschränktes Vertrauen" aus. Dies sei mit langem Applaus quittiert worden, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Am Wochenende waren in Medien Vorwürfe laut geworden, dass die Bundeswehr bei dem Luftschlag vor allem die Tötung von Taliban-Führern ins Visier genommen habe - und nicht nur die Zerstörung der entführten Tankwagen. Das Bombardement soll Folge einer verschärften Einsatzstrategie sein, in die das Kanzleramt involviert gewesen sein könnte. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hatte jedoch betont, das Kanzleramt habe immer Wert darauf gelegt, dass die Einsätze im Rahmen des Mandates abliefen. Bei dem vom damaligen deutschen Kundus- Kommandeur Georg Klein angeforderten US-Luftangriff waren am 4. September laut Nato-Untersuchungsbericht bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden, darunter 30 bis 40 Zivilisten.

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