Liberale Westerwelle und Pieper in ihren Ämtern bestätigt

Mit einem Dämpfer sind FDP-Chef Westerwelle und seine Generalsekretärin Pieper für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt worden. Beide erhielten weniger Stimmen als bei der vorigen Wahl.

Mit einem Dämpfer ist FDP-Chef Guido Westerwelle für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt worden. Nachdem er erstmals ausführlich Fehler im Umgang mit der Affäre Möllemann und im Bundestagswahlkampf 2002 eingeräumt hatte, erhielt er in Bremen 79,8 Prozent der Stimmen. 509 der 638 abgegebenen Stimmen entfielen auf Westerwelle. 90 Delegierte stimmten mit Nein, 39 enthielten sich. Bei seiner ersten Wahl vor zwei Jahren hatte er 88,9 Prozent erzielt. "Es ist ein Ergebnis, das mich persönlich sehr, sehr freut", sagte Westerwelle nach der Abstimmung.

In einer kämpferischen Rede hatte der 41-Jährige Rot-Grün zuvor Versagen vorgeworfen und Neuwahlen verlangt. "Diese FDP ist wieder da. Wir sind bereit für einen Neuanfang", rief er den Delegierten zu.

Pieper als FDP-Generalsekretärin wiedergewählt

Auch Cornelia Pieper wurde am Samstag als FDP-Generalsekretärin wiedergewählt. Auf dem Bundesparteitag der Liberalen in Bremen erhielt die ostdeutsche Politikerin 368 von 609 abgegebenen Stimmen. Gegen sie votierten 193 Delegierte, 43 enthielten sich, fünf Stimmen waren ungültig. Damit kam sie auf 60,89 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Wiederwahl erst nicht sicher

Pieper war von FDP-Parteichef Guido Westerwelle zur Wiederwahl vorgeschlagen worden. Eine Mehrheit für die Generalsekretärin hatte zuvor als fraglich gegolten, vor allem weil ihr viele Delegierte das Verhalten nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt vor einem Jahr verübelten. Dort war Pieper als Spitzenkandidatin und sogar als Bewerberin um das Amt des Ministerpräsidenten angetreten. Bei der Wahl holte sie mit rund 13 Prozent ein sehr gutes Ergebnis für die FDP, lehnte dann aber den Eintritt in das aus CDU und FDP gebildete Landeskabinett ab. Später legte sie auch den Fraktionsvorsitz im Magdeburger Landtag nieder, um im Bundestag sowie dem Amt der FDP-Generalsekretärin zu bleiben.

Zitat

"Er ist einer der besten Parteichefs, den wir seit 30 Jahren hatten. Und er wird ein ganz Großer werden." Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki am Samstag im TV-Sender «Phoenix» über den wiedergewählten FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle.

Überraschungen bei Wahl der Stellvertreter

Überraschungen gab es bei der Wahl von Westerwelles Stellvertreter. Der baden-württembergische Parteichef Walter Döring schaffte erst im zweiten Anlauf seine Wiederwahl.

Mit 56,8 Prozent der Delegiertenstimmen schnitt Döring am schlechtesten ab. 353 Delegierte stimmten für, 223 gegen ihn. 45 enthielten sich. Schon vor zwei Jahren hatte Döring mit 50,7 Prozent nur äußerst knapp die absolute Mehrheit erreicht.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Unerwartet schlecht schnitt auch der nordrhein-westfälische FDP- Vorsitzende Andreas Pinwart ab. Für ihn stimmten lediglich 61,7 Prozent. Zwischen Döring und Pinkwart hatte es hinter den Kulissen Rangeleien um den in der Satzung so nicht vorgesehenen Platz eines zweiten Stellvertreters gegebenen. Pinkwart trat für die vakante Stelle des aus der FDP ausgetretenen Jürgen Möllemann an.

Das mit Abstand beste Ergebnis erzielte der rheinland-pfälzische FDP-Chef Rainer Brüderle. Er kam auf 88,7 Prozent, fast genauso viel wie vor zwei Jahren.

Anspielungen auf Möllemann

Ohne den Namen seines früheren Stellvertreters Jürgen Möllemann zu nennen, sagte Westerwelle: "Ich glaube, dass ich selbst zu sehr vertraut habe, vielleicht auch zu lange vertraut habe." Zur Kritik an der noch maßgeblich von dem inzwischen aus der Partei ausgetretenen Möllemann beeinflussten Wahlkampfstrategie "Projekt 18" räumte der Vorsitzende ein: "Es hat Fehler und Überdrehungen gegeben." Die Strategie der FDP sei aber niemals gewesen: "Wir wollen wachsen, indem wir ins Trübe gehen." Der frühere Chef der nordrhein- westfälischen FDP hatte die Partei mit Angriffen auf die israelische Regierung und einer Spendenaffäre in eine schwere Krise gestürzt.

"Nicht der Steigbügelhalter für andere"

Nachdrücklich verteidigte Westerwelle seine Strategie der Unabhängigkeit. Die Partei dürfe sich nicht über Koalitionsaussagen definieren: "Wir sind nicht zuerst Steigbügelhalter für andere. Wir machen Politik für das ganze Volk." Die umstrittene Zahl 18 sei ein Wahlziel gewesen. Welche Ziele die FDP bei der Bundestagswahl 2006 habe, "entscheiden wir dann, wenn die Entscheidung ansteht".

Trotz der Möllemann-Affäre zog Westerwelle eine insgesamt positive Bilanz seiner Amtszeit. Die FDP habe bei allen zehn Wahlen seit 2001 in Bund und Ländern zugelegt.

"Rot-Grün ist ein historischer Irrtum"

Angesichts der Wirtschafts- und Haushaltskrise forderte der FDP- Chef einschneidende Reformen. Die Regierung habe dabei versagt: "Rot-Grün ist ein historischer Irrtum." Scharf griff er die Gewerkschaften an. Deren Funktionäre hätten «die Interessen der Arbeitnehmer längst verraten». Besonders hart attackierte Westerwelle DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer: "Diese Frau ist die Inkarnation des Klassenkampfes des 19. Jahrhunderts, und solche Leute gehören entmachtet."

Westerwelle erneuerte sein Angebot zur Mitarbeit bei der Umsetzung der Reformpläne von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Auch wenn die Reform-Agenda 2010 nur ein Schritt in die richtige Richtung sei, sei die FDP «bereit, als Scharnier der Vernunft an der Beschlussfassung über vernünftige Reformvorschläge mitzuwirken». Die FDP solle Reformmotor sein: «Wir müssen dieses Land an Haupt und Gliedern erneuern.»

Als Gegenprogramm zu Rot-Grün verlangte Westerwelle einen massiven Abbau von Steuern, Bürokratie und Subventionen sowie einen radikalen Umbau der Sozialsysteme.

DPA