Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Deutsche und Europäer auf eine sehr harte und grundsätzliche Debatte über die künftige Finanzpolitik in Europa eingestimmt. "Europa steht am Scheideweg", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in einer Regierungserklärung, in der sie das Parlament um Zustimmung zu dem Garantie-Gesetz für das Griechenland-Hilfspaket bat.
In drastischen Worten wies die Bundeskanzlerin auf die Bedeutung der Entscheidung hin. "Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft Europas und Zukunft Deutschlands in Europa." Die Staaten der EU müssten erkennen, dass sie mittlerweile von ihrer Substanz lebten und von den Fehlern der Vergangenheit eingeholt würden.
Um Schaden abzuwenden sei nun ein Weg der "Offenheit, Klarheit und Schonungslosigkeit" nötig. Merkel nannte ein ganzes Bündel an Konsequenzen aus der Griechenland-Krise, die von einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte bis zu einer drastischen Verschärfung des Stabilitätspaktes reichen. Erste Maßnahmen sollten die EU-Staaten bereits im Juli bei der Verabschiedung der neuen Wachstumsstrategie der Union bis 2020 beschließen.
Merkel verteidigte auch das Zögern der Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zu dem Hilfspaket und die harten Bedingungen dafür. "Ein guter Europäer ist nicht unbedingt der, der schnell hilft", sondern der, der "hilft, dass die Eurozone keinen Schaden nimmt", sagte die Kanzlerin. Zuvor hatte es Kritik gegeben, Merkel habe durch ihr Zögern die Krise verschärft. Die Kanzlerin betonte, Voraussetzung für die Hilfe sei "eine umfassende Eigenanstrengung" Griechenlands gewesen. Alles andere "hätte nur Erwartungen gesteigert, dass hochverschuldete Mitglieder der Eurozone ohne eigene Sanierungsanstrengungen schnell mit großzügigen Hilfen rechnen könnten.
Das Parlament sollte im Anschluss in erster Lesung über das Gesetz zur Umsetzung des Hilfspakets beraten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Euro-Länder wollen Griechenland binnen drei Jahren Notkredite von bis zu 110 Milliarden Euro gewähren. Deutschland muss über die Staatsbank KfW bis zu 22,4 Milliarden Euro tragen. "In letzter Konsequenz bürgt der Steuerzahler, also wir alle", räumte Merkel aber ein. Das Gesetz soll am Freitag endgültig verabschiedet werden.
Die Fraktionsvorsitzenden wollten zudem am Mittwoch weiter über einen Entschließungsantrag zur besseren Kontrolle der Finanzmärkte beraten, der ebenfalls am Freitag beschlossen werden soll. Merkel sicherte zu, auch Banken und Gläubiger dürften sich ihrer Verantwortung nicht entziehen. So sollten Regeln für Ratingagenturen sowie für Derivate und Leerverkäufe verschärft werden. Skeptisch äußerte Merkel sich aber zu Forderungen nach der von der Opposition geforderten Finanztransaktionssteuer.