Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!
Friedrich Merz vollzieht heute einen Rollenwechsel. In der Ära der "Ampel" hatte er den damaligen Kanzler Olaf Scholz – noch als Oppositionsführer – ordentlich ins Schwitzen gebracht. Nun ist es Merz, der von der Regierungsbank aus ans Rednerpult tritt, um seine Politik zu verteidigen und sich in der Generaldebatte der Haushaltswoche die rhetorische Prügel der Opposition abzuholen.
Die Generaldebatte, Wettkampf im Phrasendreschen
Eigentlich geht es am Mittwoch um den Etat des Kanzleramts. Aber für viele ist das Thema eher eine Einschlafhilfe. Gut, dass der Streit ums Geld daher traditionell von den Oppositionsparteien als Tag der Abrechnung mit der Regierungsarbeit genutzt wird. Das macht doch wach!
Insgesamt sind vier Stunden für die Debatte vorgesehen. Den Auftakt macht AfD-Fraktionschefin Alice Weidel als Führerin der größten Oppositionsfraktion. Erst danach spricht der CDU-Vorsitzende Merz. Er will – obwohl nur kurze 65 Tage im Amt – eine erste Zwischenbilanz der schwarz-roten Koalition ziehen.
Anschließend wird sich Merz erstmals in einer Regierungsbefragung den Abgeordneten stellen. Dafür sind 70 Minuten vorgesehen – genug Zeit für ein unterhaltsames Frage-Antwort-Pingpong.
Auch bei der heutigen Veranstaltung dürften wie so häufig im Bundestag die Phrasen nur so durchs Plenum fliegen. Daher haben wir für Sie ein kleines Spiel vorbereitet: das Generaldebatten-Bingo! Fünf in einer Reihe und Sie haben gewonnen. Leider können wir Ihnen keinen Preis anbieten, aber Sie können sich über die Ehre freuen.

Frisst die Maga-Revolution Trump?
Manchmal wirken die "Make America Great Again"-Anhänger von Donald Trump wie eine Sekte, die ihren Guru anhimmelt. Nichts lassen sie auf Trump kommen, der die Nation wieder großartig machen will und ihr Leben deutlich besser. Doch auch für die Jünger des Präsidenten gibt es rote Linien, die man mit Worten oder Taten nicht überschreiten darf. Und Trump nähert sich diesen Linien. Der Ärger aus dem Maga-Lager wächst – ebenso der Druck auf dessen Initiator.

Zuerst war es der geschenkte Luxusflieger aus Katar, der als Ersatz für die Air Force One dienen soll, der auch einige Republikaner die Stirn runzeln ließ. Nun sind es die Ermittlungsergebnisse der US-Behörden zum Fall Jeffrey Epstein. Das FBI und das Justizministerium hatten verkündet, es gebe keine Beweise, dass der US-Milliardär, der 2019 tot in seiner Gefängniszelle in Manhattan aufgefunden wurde, eine Liste mit prominenten Klienten hatte oder von einflussreichen Eliten eliminiert wurde. Dem Investmentbanker war vorgeworfen worden, zahlreiche Mädchen und junge Frauen missbraucht und Prominenten zugeführt zu haben.
Viele Trump-Anhänger werfen der Regierung jetzt vor, sie habe ihr Versprechen gebrochen, Licht in den Epstein-Skandal zu bringen. Einige der größten Trumpisten attackierten deshalb in den vergangenen Tagen FBI-Direktor Kash Patel und dessen Stellvertreter Dan Bongino, die früher in der Maga-Welt hochgeschätzt waren, wie der US-Sender ABC berichtet. Generalstaatsanwältin Pam Bondi muss sich sogar Rücktrittsforderungen gefallen lassen. Etwa von der Rechtsaußen-Influencerin Laura Loomer, der ein großer Einfluss auf Trump nachgesagt wird.
"Das ist über alle Maßen widerlich", twitterte der Trump-Anhänger, Radiomoderator und bekannte Verschwörungstheoretiker Alex Jones. Als Nächstes werde das Justizministerium behaupten, Epstein habe nie existiert, fügte er sarkastisch hinzu.

Trump will von dem Fall nichts mehr wissen. "Reden die Leute immer noch über diesen Typen, diesen Widerling? Das ist unglaublich", empörte er sich über die Frage einer Reporterin.
Nur einer freut sich über den Aufruhr im Maga-Lager: Elon Musk, der bei Trump in Ungnade gefallen ist. Wie könnten Menschen "Vertrauen in Trump haben, wenn er die Epstein-Akten nicht veröffentlicht?", fragte der Tech-Unternehmer in seinem Onlinedienst X. Vielleicht hofft Musk auf Maga-Anhänger, die in sein Lager wechseln wollen. Ob in den USA die Revolution die eigenen Kinder frisst?
Die Linke als Verfassungsrichter-Macher
Das Bundesverfassungsgericht soll drei neue Richterinnen und Richter bekommen. Darauf haben sich Union und SPD geeinigt. Nur: Im Bundestag fehlt den Parteien dafür die Zweidrittelmehrheit, selbst mit den Stimmen der Grünen. Bleiben also nur die AfD – mit der man nicht kooperieren will – und die Linke. Die stellt aber Forderungen für ihre Zustimmung. Zumindest ein Gespräch mit der Union sollte drin sein. Wie geht’s weiter? Darüber spricht Linken-Chefin Ines Schwerdtner mit stern-Politikchef Jan Rosenkranz:
Und sonst? Weitere Schlagzeilen
- Der Juni 2025 war heißester jemals in Westeuropa gemessener Juni
- Flutkatastrophe in Texas: Mehr als 160 Vermisste, 109 Tote – Trump kommt Freitag
- Flächenbrand treibt auf Marseille zu – 110 Leichtverletzte
- Oberstes US-Gericht macht Weg für Trumps Massenentlassungen frei
Das passiert am Mittwoch, den 9. Juli
- Taiwan beginnt die jährliche Militärübung "Han Kuang", mit der die Verteidigung in einem Krieg gegen China simuliert werden soll
- Festakt "70 Jahre Deutschland in der Nato" – Bundeskanzler Friedrich Merz trifft Nato-Generalsekretär Mark Rutte
- Offizielle Gedenkfeier für Margot Friedländer – die Feier in der Berliner Philharmonie wird vom rbb Fernsehen live übertragen
Mal was Positives
Brustkrebs stellt mit etwa 75.000 Neuerkrankungen jährlich die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland dar. Etwa eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens, etwa 18.500 Frauen jährlich sterben daran. Daher sind Vorsorgeuntersuchungen wichtig – und können Leben retten: Das Mammografie-Screening für Frauen trägt einer Studie zufolge deutlich zur Verringerung der Brustkrebs-Sterblichkeit in Deutschland bei. Das vor 20 Jahren eingeführte, kostenlose Früherkennungs-Programm senkt die Todesfallzahlen und erhöht die Heilungschancen für erkrankte Frauen, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitteilte. Details zu den Ergebnissen sollten am Mittwochmittag vorgestellt werden.
"Insgesamt ist der ermittelte Nutzen erheblich größer als das sehr geringe Strahlenrisiko", erklärte BfS-Präsidentin Inge Paulini nun. "Frauen profitieren also von einer Teilnahme am qualitätsgesicherten Screening-Programm." Schon kleine Tumore könnten erkannt werden. Aber: "Unter den 50- bis 69-Jährigen nimmt jedes Jahr etwa die Hälfte der Eingeladenen am Mammografie-Screening-Programm teil", sagte Paulini. Das Bundesamt empfiehlt nun, die untere Altersgrenze für die Teilnahme von 50 auf 45 Jahre herabzusetzen. In der Altersgruppe zwischen 45 und 50 Jahren erkranken dem BfS zufolge in Deutschland jedes Jahr etwa 5000 Frauen an Brustkrebs.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Mittwoch! Herzlich, Ihr
Rune Weichert