Zwei Jahre nach Abzug "Sie haben versprochen, uns alle zu retten": Afghanische Ortskräfte appellieren an Bundesregierung

Zwei Jahre nach Abzug: "Sie haben versprochen, uns alle zu retten": Afghanische Ortskräfte appellieren an Bundesregierung
Sehen Sie im Video: Afganische Ortskräfte appellieren an Deutschland.




Zwei Jahre nach dem Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan und der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban warten noch immer zahlreiche frühere Ortskräfte der Bundeswehr auf ihre Ausreise nach Deutschland. In Berlin trafen sich am Samstag Afghanen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben und nach der Machtübernahme der Taliban das Land verlassen konnten. Viele von ihnen schmerzt, dass sie Teile ihrer Familien zurücklassen mussten. Denn die Aufnahmezusage beschränkt sich in Deutschland auf die Kernfamilie, das heißt Ehepartner und minderjährige Kinder. Yasin Khoja, Ehemalige Ortskraft der Bundeswehr: “Sie haben mir und meiner Familie in Afghanistan versprochen, dass sie uns alle retten, nicht nur die Hälfte der Familie. Und sie haben jetzt die Hälfte in Afghanistan zurückgelassen. Das heißt, dass die Bundesregierung oder die Bundeswehr uns getrennt haben. Und das haben wir nicht verdient. Es gibt Menschen, die gar nicht Ortskräfte sind, aber trotzdem eine Chance auf eine Aufnahme haben. Aber meine Kinder, die über 19 sind, haben keine Chance. Und das kann ich nicht nachvollziehen." Marcus Grotian, der als Bundeswehrsoldat früher selbst im Afghanistaneinsatz war, drängt als Vorsitzender des Patenschaftsnetzwerkes Ortskräfte schon seit längerem darauf, das Ortskräfteverfahren zu überarbeiten und den Personenkreis der Kernfamilie zu erweitern, wie in anderen Ländern bereits geschehen. "Ich verstehe jeden Frust von jeder Ortskraft, die sagt: 'Ihr habt uns alle zurückgelassen. Ihr habt uns alle ‘verarscht'. Und auch, wenn man mir das gegenüber sagt. Ja, ich war auch nicht immer erfolgreich und habe viele Dinge nicht rechtzeitig in die Politik einbringen können. Ich habe es versucht, mit aller Kraft und es hat trotzdem nicht gereicht. Damit müssen wir alle leben. Aber wir müssen auch nach vorne gucken und gucken, dass es in der Zukunft vielleicht die gleichen Fehler nicht noch mal gibt." Grotian fürchtet, dass Deutschland aus den Fehlern beim Rückzug aus Afghanistan nichts gelernt haben könnte. Und meint damit die Lage im Sudan oder in Mali und Niger, wo sich nach einem Putsch kürzlich die Lage weiter zuspitzt. Auch da könnten Bundeswehrsoldaten und ihre Ortskräfte gegebenenfalls betroffen sein.
Die Aufnahmezusage für afghanische Ortskräfte beschränkt sich in Deutschland auf die Kernfamilie – also Ehepartner und minderjährige Kinder. Zwei Jahre nach dem Abzug der westlichen Streitkräfte drängen Ortskräfte die Bundesregierung, mehr Menschen aufzunehmen.