Immer wieder nimmt die AfD in ihrer Wortwahl mehr oder weniger deutliche Anleihen beim Vokabular des Dritten Reichs oder relativiert die Verbrechen des Nazi-Regimes. So sagte der Parteivorsitzende Alexander Gauland in einer Rede, Deutsche hätten "das Recht, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen". Auch im Bundestag sorgte erst kürzlich eine Formulierung des AfD-Abgeordneten Gottfried Curio für Aufregung. Er sprach von einem "zur Regel entarteten Doppelpass".
Auf Facebook verbreitet sich nun ein Beitrag, in dem ein User die AfD klar angreift. "In nahezu allen Diskussionsrunden, Interviews, Zeitungsartikeln und Facebook-Kommentaren beschweren Sie sich darüber, dass Ihre Mitglieder und Wählerinnen ständig und fortwährend als Nazis bezeichnet werden", schreibt der 34-jährige Stephan Anpalagan aus dem Ruhrgebiet an die Adresse der rechtspopulistischen Partei – und fährt fort, zu erklären, warum das seiner Meinung nach so ist.
Untermauert mit Medienberichten aus den vergangenen Monaten wirft er der AfD unter anderem vor, die Nazi-Herrschaft zu verharmlosen, sich rassistisch zu äußern und sich nicht von der rechtsextremen NPD zu distanzieren: "Sie und Ihresgleichen sind Nazis, die die Taten ihrer Eltern und Großeltern im Nachhinein rechtfertigen und stützen." Menschen, die "gegen Flüchtlinge und Muslime hetzen, Anschläge auf Asylheime beklatschen und Rassisten in Ihrer Mitte dulden, (...) nennt man nun mal Nazis."
Kritik an der AfD erhält große Resonanz auf Facebook

Mit seinem Post drückte Anpalagan offenbar aus, was viele Menschen denken – sein Text wurde mittlerweile mehr als 3000 Mal auf Facebook geteilt und heftig diskutiert. Mit einer solchen Resonanz hätte der Unternehmensberater nicht gerechnet: "Ich hätte nicht gedacht, dass das diese Wirkung erzielt. Scheinbar gehen Politikverdrossenheit und sinkende Wahlbeteiligung mit einer umso tieferen Sehnsucht nach zivilgesellschaftlichem Engagement einher", sagte er dem stern.
Der Text sei "aus einem spontanen Wutanfall heraus" entstanden, nachdem er den Film "Der Pianist" gesehen hatte: "Wie um alles in der Welt sollen wir einen Schlussstrich unter diese Gräueltaten ziehen?" Bisher hat Anpalagan vor allem positive Reaktionen erhalten: "Die meisten Leser sind froh über meine Auflistung der verbalen Fehltritte der AfD, die ja in den meisten Fällen mit Missverständnissen, Mausrutschern und irregeleiteten Praktikanten erklärt werden."
"Reden reicht nicht mehr"
Doch die klare Kante gegen die AfD ruft auch Beleidigungen oder sogar Drohungen auf den Plan. Anpalagan, dessen Familie aus Sri Lanka stammt, wird wegen seiner Hautfarbe angegriffen, diffamiert und dazu aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Er jedoch möchte sich weiter in den politischen Diskurs einbringen – dafür ist er kürzlich in die SPD eingetreten.
"Ich dachte lange, dass unsere Demokratie einfach funktioniert und dass so etwas wie in Frankreich oder in den Niederlanden bei uns nicht passiert", sagt er mit Blick auf die Erfolge rechter Parteien in anderen Ländern. "Aber mittlerweile habe ich das Gefühl, es reißt ein. Reden reicht nicht mehr, man muss sich engagieren."