Neuregelung der Organspende Bürger sollen regelmäßige Anfragen erhalten

In Deutschland warten rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan, alle acht Stunden stirbt einer von ihnen. Künftig soll die Zahl der Organspender deshalb deutlich erhöht werden - durch regelmäßige Anfragen bei den Bürgern.

Nach monatelangem Tauziehen ist der Weg für eine Neuregelung der Organspende frei. Die Bereitschaft der Bürger zu einer Spende solle regelmäßig abgefragt werden, etwa mit dem Versand der Versichertenkarte, teilten die Bundestagsfraktionen am Donnerstag in Berlin mit. Allerdings soll jeder die Erklärung auch verweigern können, hieß es in Regierungskreisen. Die Spitzen und Gesundheitsexperten aller Fraktionen im Bundestag erzielten die Einigung gemeinsam mit Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP).

Die Bürger sollen nach Angaben der Fraktionen mit so viel Nachdruck wie möglich gefragt werden - "ohne jedoch eine Antwort zu erzwingen oder Sanktionen auszuüben". Bis Jahresende werde ein entsprechender Gesetzentwurf in Form eines Gruppenantrags erarbeitet. Das gemeinsame Ziel sei es, die Zahl der Organspender in Deutschland zu erhöhen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, sein Unionskollege Volker Kauder und Daniel Bahr zeigten sich mit dem Ergebnis der Verhandlungen sehr zufrieden. Lediglich Detailfragen seien noch offen, so Steinmeier. Die wolle man jetzt gemeinsam klären, um die fertigen Formulierungen schnell ins parlamentarische Verfahren einzubringen, fügte Bahr hinzu.

Besonders wenige Organspender in Deutschland

Offen ist dem Vernehmen nach noch, ob man die Aufforderung zu einer Erklärung einfach ignorieren kann. Außerdem sei noch nicht entschieden, ob es neben dem Weg über die Krankenkassen auch andere Verfahren geben wird, um die Bürger zu einer Erklärung aufzufordern.

Kauder und Steinmeier hatten einen Gruppenantrag aus den Reihen des Parlaments bereits seit Längerem angekündigt. Die Gespräche zwischen den Fachpolitikern von Koalition und Opposition waren zwischenzeitlich abgebrochen worden, weil man sich über den Grad des Druckes und mögliche Sanktionen nicht einig war.

Steinmeiers Nierenspende an seine Frau im vergangenen Jahr hatte Bewegung in die Debatte gebracht. Derzeit warten etwa 12.000 Menschen, davon rund 8000 Nierenpatienten, auf ein Spenderorgan - im Schnitt fünf bis sechs Jahre. Alle acht Stunden stirbt einer von ihnen. Mit 16 Organspendern pro einer Million Einwohner gibt es in Deutschland besonders wenige.

70 Prozent würden spenden

Derzeit gilt in Deutschland die so genannte Zustimmungslösung, das heißt, dass man seine Bereitschaft zur Organspende aus eigener Initiative erklären muss - per Spendeausweis oder gegenüber den Angehörigen. Fast 70 Prozent der Bürger sind laut Umfragen bereit, nach ihrem Tod Organe oder Gewebe zu spenden. Aber nur weniger als 20 Prozent haben ihre Entscheidung in einem Organspendeausweis dokumentiert. Das stellt die Angehörigen im Ernstfall vor das Problem, den Willen ihres verstorbenen Familienmitglieds im Krankenhaus zu erklären, sofern sie ihn kennen.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) zeigte sich erfreut über die Einigung. "Schwerkranke Menschen brauchen dringend die Chance auf ein neues Leben." Wichtig sei, dass Menschen frühzeitig durch eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende Klarheit schaffen - für sich selbst, aber auch für Angehörige sowie Ärzte.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Bundesärztekammer hatte das Modell einer "Selbstbestimmungslösung mit Information und Erklärungspflicht" gefordert. Die Information der Menschen soll so intensiviert werden, dass sich möglichst jeder Bürger zur Organspendebereitschaft erklärt.

DPA
hw/DPA/AFP