NPD-Eklat Hitler zum Gruße

NPD-Abgeordnete können im Sächsischen Landtag hetzen und lachen sich ins Fäustchen. Die Idemnität, der Schutz der Redefreiheit von Volksvertretern, erlaubt es ihnen. Selbst ein Hitlergruß im Parlament wäre nicht strafbar.

Der NPD-Eklat im sächsischen Landtag erregt die Gemüter der Demokraten landauf landab, doch ein juristisches Nachspiel für die rechtsextremistischen Abgeordneten hat er nicht. Selbst wenn sie den Hitlergruß gezeigt hätten, hätte die Dresdner Staatsanwaltschaft keine Handhabe für eine strafrechtliche Verfolgung, wie Behördensprecher Andreas Feron in Dresden sagte.

Als Mitglieder eines Landtags gilt für die NPD-Parlamentarier absolute Meinungs- und Abstimmungsfreiheit. Nur verleumderische Beleidigung ist nach den übereinstimmenden Bestimmungen von Grundgesetz, Strafgesetzbuch und sächsischer Landesverfassung für Parlamentarier strafbar. Entsprechend stellte die Staatsanwaltschaft Dresden am Montag ihre von Amts wegen eingeleiteten Vorermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen die NPD-Politiker Holger Apfel und Jürgen Gansel ein.

Justiz sieht "Wertungswiderspruch"

Der Indemnität genannte Schutz der Redefreiheit von Volksvertretern schafft damit die paradox erscheinende Rechtslage, dass rechtsextremistische Parolen auf der Straße, bei einer Demonstration, einem Parteitag oder auch in einem Stadtparlament strafbar wären und von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden müssten, in einem Parlament aber nicht. Einen "Wertungswiderspruch" sieht denn auch Oberstaatsanwalt Feron und gibt zu Bedenken: "Nach der derzeitigen Rechtslage dürfte man dem Problem rechtsextremistischer Äußerungen im sächsischen Landtag mit dem Strafrecht nicht beikommen."

Alles dürften Rechtsextremisten aber dennoch nicht ungestraft im Parlament sagen können, wie der Kölner Verfassungsrechtler Michael Sachs meint. Bei der so genannten Auschwitz-Lüge, dem Leugnen des nationalsozialistischen Massenmords an den Juden, könnte es sich nach seiner Auffassung sehr wohl um die strafbare, verleumderische Beleidigung handeln. "Die Behauptung ist sowohl beleidigend als auch unwahr", sagte Sachs.

Indemnitätsschutz "kein Freibrief"

Zudem können sich die Parlamente mit ihren Geschäftsordnungen auch aus eigener Kraft gegen verfassungsfeindliche Äußerungen wehren. So heißt es im Kommentar der Geschäftsordnung des Bundestags ausdrücklich, dass der Indemnitätsschutz "kein Freibrief" sei: "Würde und Ansehen des Parlaments sowie der Parlamentsbrauch sind immanente Schranken der Statusrechte eines Abgeordneten und damit auch der Redefreiheit im Parlament." Ein Hitlergruß von einem Bundestagsabgeordneten würde nach Einschätzung einer Bundestagssprecherin sicher nicht toleriert, da er gegen Würde und Ansehen des Parlaments verstoßen würde. Konkret entscheiden müssten dies allerdings die zuständigen Gremien.

Geahndet werden können Verstöße gegen die Geschäftsordnung des Bundestags mit einem Sachruf des Parlamentspräsidenten, einem Ordnungsruf oder dem Entzug des Wortes. In schwerwiegenden Fällen kann der Parlamentarier von einzelnen bis hin zu 30 Sitzungstagen ausgeschlossen werden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Im sächsischen Landtag hat der Parlamentspräsident schon am Freitag beide NPD-Abgeordnete mehrfach zur Mäßigung im Sprachgebrauch aufgerufen und einen von ihnen mit einem Ordnungsruf belegt, wie Landtagssprecher Ivo Klatte erklärte. Nun würden die Redebeiträge von Apfel und Gansel noch einmal nachträglich auf Anhaltspunkte dafür geprüft, ob möglicherweise weitere Maßnahmen ergriffen werden. In besonders schwerwiegenden Fällen ist auch im sächsischen Landtag ein Sitzungsverweis möglich, wie Klatte erklärte.

Eklat im Landtag

Die NPD-Abgeordneten im sächsischen Landtag hatten am Freitag bei einer Schweigeminute zum Gedenken an die NS-Opfer den Plenarsaal verlassen. Später setzten sie in Redebeiträgen die Vernichtung der Juden im Dritten Reich und die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte mit dem Wort "Bombenholocaust" einander gleich und leugneten einen Kausalzusammenhang mit dem Angriffskrieg des Deutschen Reichs.

AP
Angelika Bruder/AP