Der Streit über Äußerungen des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger über seinen Amtsvorgänger und NS-Richter Hans Filbinger hat Konsequenzen für die katholische Kirche in Berlin. Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky wies die Sankt-Hedwigs-Kathedrale an, einen geplanten Gedenkgottesdienst für Filbinger abzusagen. Sterzinsky habe dies untersagt, teilte der Sprecher des Erzbistums mit. "Er möchte verhindern, dass der Gottesdienst missbraucht und missverstanden wird", hieß es in der knappen Pressemitteilung.
Filbinger rettete anscheinend Berliner Priester
Oettinger (CDU) steht seit Tagen in der Kritik, weil er den Anfang April verstorbenen Filbinger als Gegner des NS-Regimes bezeichnet hatte. Filbinger war als Marine-Richter unter den Nazis auch an Todesurteilen beteiligt. In der Sankt-Hedwigs-Kathedrale sollte des Einsatzes von Filbinger für den Berliner Priester Karl Heinz Möbius gedacht werden. Das Vorhaben ging nach einem Bericht des "Tagesspiegel" auf die Initiative des Prälaten Wolfgang Knauft und der Domgemeinde zurück.
Möbius sei 1944 wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode verurteilt worden. Dieses Urteil sei "dank Filbingers Intervention" aufgehoben worden, zitierte das Blatt Knauft. Dankesschreiben des Pfarrers an Filbinger seien im Diözesanarchiv Berlin dokumentiert. "Es ist eine Pflicht der Gerechtigkeit, Filbinger dafür zu danken - auch wenn er ansonsten im Strudel der Kritik steht", sagte Knauft.
"Alle Facetten Filbingers sollten berücksichtigt werden"
Im "Tagesspiegel" hatten ein Sprecher des Senats wie auch Politiker von SPD, Grünen und FDP den geplanten Gottesdienst scharf kritisiert. Der Berliner CDU-Generalsekretär Frank Henkel sagte dem Blatt, man sei gut beraten, "alle Facetten seines (Filbingers) Wirkens" zu berücksichtigen.