Osthoff-Entführung Behörden fahnden nach irakischem Polizisten

Die Bundesregierung hat weiterhin keinen Kontakt zu den irakischen Entführern der deutschen Archäologin Susanne Osthoff. Einen neuen Verdächtigen gibt es jedoch: ein irakischer Polizist ist seit der Entführung verschwunden.

Von der im Irak entführten deutschen Archäologin Susanne Osthoff fehlt weiter jede Spur. Der Bundesregierung gelang es bislang nicht, Kontakt zu den Kidnappern der 43-Jährigen und ihres irakischen Fahrers aufzunehmen. Man sehe das Schicksal der Entführten weiter mit großer Sorge, sagte Außenamtssprecher Martin Jäger. Die Angehörigen Osthoffs mahnten die Entführer zur raschen Freilassung der Geiseln. Die deutschen Behörden fahnden unterdessen nach einem untergetauchten irakischen Polizisten, der an einem Fortbildungskurs in Deutschland teilnahm. Es gebe aber keine Anhaltspunkte, dass das Verschwinden einen terroristischen Hintergrund habe.

Jäger versicherte am Freitag in Berlin, die Anstrengungen für eine Lösung des Entführungsfalls würden intensiv und umfassend fortgesetzt. Es gebe aber bislang keine neuen Entwicklungen. Die Deutsche war am vergangenen Freitag zu einer Überlandfahrt in der nördlichen Irak-Provinz Ninive aufgebrochen und mit ihrem Fahrer von Unbekannten verschleppt worden. Die Entführer forderten die Bundesregierung auf, die Zusammenarbeit mit dem Irak zu beenden.

Polizist möglicherweise Terroristen-Sympathisant

Ob der in Deutschland verschwundene Polizist möglicherweise in Verbindung mit der Tat im Irak zu bringen ist, blieb am Freitag offen. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte aber, der Iraker, Jahrgang 1973, habe im Rahmen eines EU-Programms eine Fortbildung besucht und werde seit 28. November vermisst. Er sei nicht zum Kurs zurückgekehrt, was ein "schweres Fehlverhalten" sei. Nach Angaben des "Tagesspiegels" wird nicht ausgeschlossen, dass der kurz nach der Entführung Osthoffs verschwundene Mann ein Sympathisant der irakischen Terrorszene sei.

Iraks Botschafter in Berlin, Alaa Abdul Majeed Hussein Al- Hashimy, sagte im ARD-Morgenmagazin, in Bagdad werde intensive Arbeit von deutscher und irakischer Seite geleistet. Den Zeitpunkt der Entführung Osthoffs hält er nicht für einen Zufall. In zwei Wochen seien Wahlen im Irak. Ziel der Aufständischen könnte nach Meinung des Botschafters sein, die Wahlen zu stören und die Regierung zu diskreditieren. "Wir vermuten, dass es in den nächsten zwei Wochen viele Versuche von Terroristen geben wird, sich und der ganzen Welt zu beweisen, dass sie präsent sind."

Appell an die Geiselnehmer

Die Mutter und die Schwester Susanne Osthoffs wandten sich in einem Appell an die Geiselnehmer. "Seien sie barmherzig und gnädig mit meiner Tochter und lassen Sie sie und ihren Begleiter so schnell wie möglich wieder frei", sagte Osthoffs Mutter Ingrid Hala in einem auch im arabischen Fernsehen Al-Dschasira ausgestrahlten Videoband.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland will sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die Freilassung Osthoffs und ihrem irakischen Fahrer einsetzen. "Wir werden in Zusammenarbeit mit anderen islamischen Vereinen, nichtstaatlichen Organisationen und Kirchen überlegen, ob wir gemeinsam eine Demonstration organisieren sollten", sagte der Zentralratsvorsitzende Nadeem Elyas der "Berliner Zeitung". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, begrüßte die Idee des Zentralrats. "Ich hoffe, dass sich dem Vorschlag die anderen islamischen Organisationen anschließen." Er erinnerte an den Fall der entführten Journalistin der Zeitung "Libération", Florence Aubenas, in dem die Bemühungen der französischen Regierung um deren Freilassung von zahlreichen Demonstrationen und Aktionen begleitet worden seien.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die Medien auf, bei der Berichterstattung über die Entführung Osthoffs die Würde der Betroffenen nicht zu verletzen. Zwar müssten Medien über die Fakten berichten. Dies müsse aber in einer möglichst objektiven und nicht auf Sensationsbefriedigung ausgelegten Form geschehen, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken in Berlin.

Reuters
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