Parteiausschluss SPD will Clement nicht mehr

Die nordrhein-westfälische SPD hat den früheren Bundeswirtschaftsminister und NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement aus der Partei ausgeschlossen. Clement, der "wie vom Donner gerührt" ist, hat aber noch eine letzte Chance, sein Parteibuch zu behalten.

Die Schiedskommission der SPD in Nordrhein-Westfalen hat den Parteiausschluss des ehemaligen Ministerpräsidenten und Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement beschlossen. Das teilte ein Sprecher der Bundespartei in Berlin mit. Die Entscheidung sei allerdings nicht unmittelbar rechtskräftig, weil Clement bei der Bundesschiedskommission Berufung einlegen könne. Clement, der jahrelang Parteivize war, hatte vor der Hessen-Wahl im Januar massiven Unmut in der SPD ausgelöst, weil er indirekt dazu aufgerufen hatte, die Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihrer Energiepolitik nicht zu wählen.

Weil es sich um ein schwebendes Verfahren im Rahmen der innerparteilichen Schiedsgerichtsbarkeit handele, werde sich der Parteivorstand in der Sache nicht wertend äußern, erklärte der Sprecher. Nach dem Parteiengesetz sei die Schiedsgerichtsbarkeit der SPD unabhängig und nicht an Weisungen der Spitze gebunden.

Clement "wie vom Donner gerührt"

In dem Verfahren steht der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) Clement als Rechtsbeistand zur Seite. Das ZDF berichtete unter Berufung auf ein Telefonat mit Clement an seinem Urlaubsort, Clement sei von der Nachricht, dass er ausgeschlossen werden solle, "wie vom Donner gerührt" gewesen. Er wolle sich am Wochenende zu dem Verfahren äußern, sein Anwalt Schily erwäge mit ihm zusammen eine Anrufung der Bundesschiedskommission.

Bei der SPD wurde die Entscheidung der Schiedskommission mit Überraschung aufgenommen. Man habe dort lediglich mit einer Rüge für den ehemaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen gerechnet. Das Ausschlussverfahren hatten mehrere Ortsvereine und Unterbezirke in dem Bundesland angestrengt.

FDP wirbt um Clement

Die FDP bot Clement bereits "eine neue politische Heimat" an. Der stellvertretende Partei- und Fraktionschef Rainer Brüderle sagte der Berliner Tageszeitung "B.Z.": "Mit einem angesehenen Politiker wie Wolfgang Clement so umzugehen, schadet der SPD selbst. Wenn Clement nach dieser Entscheidung eine neue politische Heimat sucht, ist er in der FDP herzlich willkommen. Wir empfangen ihn mit offenen Armen."

Clement hatte im Januar in seiner Partei für massiven Unmut gesorgt, als er vor der hessischen Landtagswahl indirekt dazu aufgerufen hatte, SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihres energiepolitischen Kurses nicht zu wählen. Die Schiedskommission des Unterbezirks Bochum erteilte Clement dafür eine Rüge, lehnte aber den beantragten Ausschluss aus der SPD wegen parteischädigenden Verhaltens ab. Mehrere Ortsvereine protestierten gegen diese Entscheidung. Clement, der Mitglied im Unterbezirk Bochum ist, legte ebenfalls Einspruch gegen die Rüge ein.

Zur Wehr gesetzt

Im Berufungsverfahren vor der Landesschiedskommission Mitte Juli setzte sich Clement gegen den Vorwurf des parteischädigenden Verhaltens zur Wehr. Clement betonte bei seiner dreieinhalb Stunden dauernden Anhörung, er sehe der Entscheidung der Kommission "sehr gelassen und mit guter Stimmung" entgegen. Er kündigte an, er werde auch weiterhin die Politik seiner Partei kritisieren, sollte sie nicht zu genügend Reformen bereit sein.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Clement, der gelernter politischer Redakteur ist, war 1970 in die SPD eingetreten. 1998 wurde er Nachfolger von Johannes Rau als Ministerpräsident, 2002 wechselte er als Wirtschafts- und Arbeitsminister in das rot-grüne Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Heute sitzt Clement unter anderem im Aufsichtsrat des Energieversorgers RWE Power AG.

AP · DPA · Reuters
DPA/Reuters/AP