Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in München und im niedersächsischen Verden gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten demonstriert. In München versammelten sich am Vormittag rund 6000 auf dem Marienplatz, um gegen eine Demonstration von rund 250 Neonazis zu protestieren. In Verden gingen rund 750 Gegendemonstranten gegen einen Aufmarsch von rund 200 Rechtsextremisten auf die Straße. Dabei kam es auch zu Auseinandersetzungen zwischen rund 200 teils vermummten Autonomen mit der Polizei; 13 linke Demonstranten wurden festgenommen.
Christian Ude ruft zu friedlichem Protest auf
Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude sagte: "Diese Stadt hat von Neonazis die Nase voll." Er rief die Bürger zum friedlichen und gewaltfreien Protest auf. Danach zogen zirka 1500 Menschen vom Marienplatz zur Theresienwiese, dem Ausgangspunkt der Neonazi-Demonstration.
Gegen 13.00 Uhr setzte sich der Zug der Rechtsextremen Richtung Sendlinger Tor in Bewegung. Die Neonazis skandierten: "Wir sind Nazis, was seid ihr?". Die aufgebrachten Gegendemonstranten antworteten mit Pfiffen und "Nazis raus"-Sprechchören. Einige warfen Bierflaschen, Steine, Äpfel, Bananen, Tomaten und Eier in die Menge der Rechtsextremen. Nach Angaben der Polizei wurde dadurch niemand verletzt. Die Polizisten nahmen insgesamt 53 Personen aus dem rechten und linken Lager wegen Verstößen gegen das Versammlungsrecht fest.
Stadtbekannter Neonazi verhaftet
Oberbürgermeister Ude bezeichnete die Neonazi-Demonstranten als "Täter, die Minderheiten wegen ihrer Hautfarbe verfolgen, Ausländer mit Springerstiefeln treten und den Holocaust als größtes Verbrechen der Menschheitsgeschichte leugnen und Kriegsverbrechen verherrlichen."
Bereits am Morgen hatte die Polizei den stadtbekannten Neonazi Norman Bordin wegen Besitzes von Pfefferspray in Gewahrsam genommen. NPD-Mitglied Bordin gilt als gewalttätig. Er gründete die berüchtigte "Kameradschaft Süd/München", die er seit seiner Entlassung aus der Haft anführt.
Hunderte Menschen hielten den Rechtsextremisten während deren Marsches symbolisch rote Karten entgegen. Rund 1400 Polizisten hielten Demonstranten und Gegendemonstranten auseinander.
Die Hauptdarstellerin des Kinofilms "Sophie Scholl", Julia Jentsch, appellierte: "Überlasst den Nazis kein zweites Mal die Macht, überlasst ihnen nicht die Straßen, tretet ihnen entschlossen entgegen." Die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, zeigte sich schockiert, dass Rechtsradikale geschützt durch die Polizei durch Münchens Straßen marschieren dürften. "Ich bin entsetzt, dass in einem Rechtsstaat das Demonstrationsrecht so missbraucht wird. Aber wir sollten diese Horden vollkommen ignorieren, ihre Profilierungssucht nicht bedienen."
In Verden versuchten ebenfalls mehrere Hundertschaften der Polizei, die Demonstranten und Gegendemonstranten auseinander zu halten. Bei Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und der Polizei flogen Flaschen und die Beamten setzten Schlagstöcke ein. Dabei wurden ein Polizist und ein Gegendemonstrant leicht verletzt, ein weiterer Teilnehmer der Gegendemonstration wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen. Zu einem Aktionstag und Kulturfest gegen Rechtsextremismus kamen in Verden mehrere tausend Besucher.