Rechts von der CDU Steinbach hält neue konservative Partei für möglich

Nach ihrem Rückzug aus der CDU-Spitze hält Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach die Gründung einer Partei rechts von der CDU für möglich. Auch andere sehen "Potenzial für eine neue Partei am rechten Rand".

Nach dem angekündigten Rückzug der heftig umstrittenen Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach aus der CDU-Spitze ist die Diskussion um die Neugründung einer konservativen Partei entbrannt. Wenn jemand "mit etwas Charisma und Ausstrahlung" dies tun würde, käme eine solche Partei bei Wahlen "spielend" über die Fünf-Prozent-Hürde, sagte Steinbach der "Welt am Sonntag".

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen hatte nach dem Eklat über ihre Äußerungen zum Zweiten Weltkrieg am Donnerstag erklärt, sich aus der CDU-Spitze zurückziehen zu wollen. Dort stehe sie für das Konservative, sagte sie zu dem Schritt, "aber ich stehe immer mehr allein." Steinbach hatte während einer CDU/CSU-Fraktionsklausur gesagt, sie könne es "leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat". Die Unions-Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) und Norbert Geis (CSU) warnten im "Hamburger Abendblatt" ebenfalls vor einem Verlust des konservativen Profils. Innenexperte Bosbach sagte, "wir müssen verhindern, dass sich immer mehr Konservative in der Union heimatlos fühlen". Gefahr für die Union durch eine Partei-Neugründung bestehe aber nicht: "Dafür fehlen einfach die politischen Persönlichkeiten." Wenn die Konservativen unzufrieden seien, müssten sie stärker selbst Themen setzen und inhaltlich Position beziehen, forderte Bosbach.

Kritik am Kurs von Merkel

Geis hingegen sieht "Potenzial für eine neue Partei am rechten Rand". Die großen Volksparteien müssten die Sorgen der Bevölkerung hinsichtlich der Integrationsprobleme mit muslimischen Migranten deshalb ernst nehmen. "Denn diese Sorgen werden sich mit dem Abgang von Thilo Sarrazin nicht in Luft auflösen." Unbequeme Diskussion in den eigenen Reihen dürften von den Volksparteien nicht abgewürgt werden. "Sie dürfen sie auf gar keinen Fall radikalen Parteien überlassen", sagte Geis.

Auch nach Ansicht des Bonner Parteienforschers Gerd Langguth würde "eine gut geführte konservative Partei - vorausgesetzt, sie verfügt über eine charismatische Führungspersönlichkeit - die Fünf-Prozent- Hürde bei Wahlen mühelos überspringen". In der CDU fehlten konservative Persönlichkeiten, sagte der Professor für Politische Wissenschaft der "Passauer Neuen Presse". "Das lässt sich nicht mit ein paar programmatischen Sprüchen wettmachen."

Auf die Frage, ob sie selbst die Gründung einer neuen Partei anstrebe, sagte Steinbach der "Welt am Sonntag": "Ich bin Mitglied der CDU. Und ich versuche meine Parteifreunde davon zu überzeugen, dass ein politischer Kurswechsel nicht verkehrt wäre." Viele Unions-Abgeordnete lebten konservative Werte. "Aber nach außen werden sie verschleiert, verbrämt, nicht ausgesprochen", sagte Steinbach. Die Union dürfe sich "nicht den Ton der linken Schickeria" zu eigen machen.

CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Steinbach vor, die Partei auf einen strategisch falschen Weg geführt zu haben. Auch im Umgang mit Thilo Sarrazin habe die Partei eine "elementare strategische Fehlentscheidung" getroffen. Statt "gemeinsam mit der Linken auf den Mann einzudreschen", hätte man deutlich machen müssen, dass das, was er anspreche, Thema der Union sei, sagte Steinbach. In einer Demokratie sollten "Denk- und Sprechverbote nicht möglich" sein. Es sei bedenklich, dass man inzwischen angegriffen werde, "wenn man simple Fakten benennt".

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lea/DPA/AFP