Wutrede von Erika Steinbach Trotzige Vertriebene am "Tag der Heimat"

Leise Töne sind ihre Sache nicht: Auf dem "Tag der Heimat" gab sich die Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach betont kämpferisch - und kritisierte aufs Schärfste das Verhalten ihrer Parteikollegen von der CDU.

Erika Steinbach fühlt sich fehlinterpretiert. Mit spürbarem Zorn steht die Vertriebenen-Chefin vor ihrem Publikum beim diesjährigen "Tag der Heimat" in Berlin. "Wenn andere sich provoziert fühlen, sind sie selbst Schuld", sagt sie fast trotzig zum Abschluss einer Woche, in der sie wieder einmal für politischen Zündstoff sorgte. Das Treffen der Vertriebenen am Samstag nutzt sie daher, um sich vor ihren Anhängern den Beifall für einen Kurs zu holen, für den sie in der CDU immer weniger Unterstützung spürt. Der Saal im Messezentrum ist brechend voll, immer wieder spenden ihr die Vertriebenen stürmischen Applaus.

"Ich bin in der Mitte und vertrete konservative Positionen", bestimmt Steinbach ihren Standort beim Treffen des Bundes der Vertriebenen (BdV). Die Enttäuschung über die eigene Partei, aus deren Vorstand sie sich im November zurückziehen will, kann die 67-Jährige nicht verbergen. Zugleich gibt sie sich entschlossen, sich nicht ins rechte Abseits manövrieren zu lassen. Es sei ungeheuerlich, Mitglieder ihres Verbands "in eine Reihe mit Geschichtsfälschern zu stellen", wettert sie unter dem Beifall ihres Publikums.

Sauer ist die Vertriebenen-Chefin vor allem darüber, dass ihre Äußerung aus der Unionsfraktionsklausur vom vergangenen Mittwoch sofort nach draußen drang. Sie könne es "leider nicht ändern, dass Polen bereits im März 1939 mobil gemacht hat", hatte sie im Kreis des Fraktionsvorstands von CDU/CSU gesagt - was von Kritikern als Relativierung der deutschen Kriegsschuld gedeutet worden war. "Wenn die Debatten ohnehin öffentlich sind, dann kann ich auch gleich eine Presseerklärung machen", kommentiert sie verärgert das Verhalten ihrer Kollegen.

Nun möchte Steinbach die Debatte endlich vom Tisch haben. "Hitler hat die Büchse der Pandora geöffnet", tritt sie anderen Interpretationen ihrer umstrittenen Äußerung entgegen. Und hofft, dass die öffentliche Aufregung darüber bald zu Ende ist. "Hitler hat den Krieg begonnen. Punkt."

Dass sie sich weiter vehement für die Vertriebenen einsetzen wird, daran lässt Steinbach keinen Zweifel. Denn im gleichen Atemzug verweist sie darauf, dass die meisten anderen, nicht jedoch die deutschen Zwangsarbeiter entschädigt worden seien. "Man darf doch wohl noch ein Faktum sagen, ohne dass daraus konstruiert wird, es sei damit die deutsche Kriegsschuld in Frage gestellt", gibt sie sich ungebrochen kämpferisch.

Auch wenn das Ende ihrer parteipolitischen Karriere zu nahen scheint, macht Steinbach klar, dass leise Töne auch künftig nicht ihre Sache sein werden. In einer Demokratie müsse man anecken können, sagt sie.

Mit Steinbach verabschiedet sich ein konservatives Schwergewicht aus der Unionsspitze. "Ganz verschämt, ganz verschüchtert" verschweige die Union inzwischen konservative Positionen, moniert sie bei dem Vertriebenentreffen, "nie darüber sprechen" sei die Devise. Daher wundere es sie nicht, wenn nun die Chancen für eine Partei rechts von CDU und CSU wüchsen. Der Blick in Deutschlands Nachbarländer zeige schließlich: "Wenn die Politiker wichtige und elementare Strömungen des eigenen Volkes nicht aufnehmen, laufen sie Gefahr, auch neue Parteien zu erzeugen."

Einen Wechsel in eine neue konservative Partei kann sich Steinbach trotz aller Unzufriedenheit mit den CDU-Kollegen nicht vorstellen. "Ich bin und bleibe Mitglied der CDU. Und ich wäre das nicht mehr, wenn ich überzeugt wäre, ich wäre da nicht gut aufgehoben."

AFP
Johannes Frewel, AFP