Angesichts wachsender öffentlicher Kritik sollen die Pläne der rot-grünen Bundesregierung zur Kürzung der Entfernungspauschale korrigiert werden. Dies kündigten erneut Politiker von SPD und Grünen an. Große Chancen werden dabei dem von den Grünen favorisierten Vorschlag eingeräumt, die Pauschalen für den Weg zum Arbeitsplatz allgemein auf etwa 15 oder 20 Cent zu halbieren.
Dabei soll, wie es hieß, vor allem die von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) eingebrachte steuerliche Bevorzugung von Fernpendlern vermieden werden. Auch sollen Autofahrer nicht schlechter gestellt werden als Bahn- und Busbenutzer. Der Minister ist nach Aussage seines Sprechers zu Änderungen bereit, sofern die Einsparsumme von drei Milliarden Euro zum Abbau des Haushaltsdefizits hereinkommt.
Auch aus dem Regierungslager Kritik
Kritik an dem von Eichel eingebrachten Modell kam jetzt sogar aus der Bundesregierung: Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) warnte vor einer Diskriminierung der Autofahrer. «Es muss darauf geachtet werden, dass in Regionen ohne leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr keine Benachteiligungen für Pkw-Fahrer eintreten», sagte Stolpe der «Bild»-Zeitung. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber bekräftigte die Drohung der Union, die Kürzungspläne für Autofahrer im Bundesrat abzulehnen. Anfang September wollen führende Finanz- und Umweltfachleute der Koalitionsfraktionen in einer Arbeitsgruppe erstmals zusammen kommen, um entsprechende Änderungen - als Ausschnitt des so genannten Sparpakets - zu beschließen.
Nachteile für Fußgänger und Radler
Nach dem jüngsten Kabinettsbeschluss ist bisher geplant, die Pauschale von 40 Cent nur noch vom 21. Entfernungskilometer an zu gewähren. Im Nahverkehr soll sie ganz gestrichen werden, wobei Bahn- und Bustickets im Rahmen der allgemeinen Steuererklärung abgerechnet werden können. Solche Möglichkeiten hätten Autofahrer mit ihren Tankquittungen nicht. Seit 2001 beträgt die Pauschale, die ja solche Kostennachweise entbehrlich macht, je 36 Cent bis zum 11. Kilometer und 40 Cent für jeden weiteren Kilometer: und zwar nicht nur für Autofahrer und die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel, sondern auf den meist kurzen Strecken auch für Fußgänger und Fahrradfahrer, die nun nicht mehr begünstigt würden.
Keine Begünstigung für Fernpendler
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, und ihr Stellvertreter Reinhard Loske erklärten: «Eine besondere Begünstigung von Fernpendlern muss vermieden werden. Deshalb lehnen wir die vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagene Besserstellung für Arbeitnehmer ab, die weiter als 20 Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pendeln.» Kürzungen müssten gleichmäßig für alle Verkehrsmittel und Pendler gelten. «Denkbar ist auch die komplette Streichung der Entfernungspauschale bei gleichzeitiger deutlicher Anhebung der Werbungskostenpauschale.» Diese deckt für Arbeitnehmer berufsbedingte Aufwendungen von der Arbeitskleidung bis zur Fachliteratur bis zu 1044 Euro ohne Nachweise ab.

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Proteste vom ADAC
Der Bund der Steuerzahler hat jetzt Beispiele errechnet: Danach bedeutet die Streichung der Entfernungspauschale für die ersten 20 Kilometer für einen ledigen Steuerzahler mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von etwa 30.000 eine Mehrbelastung von 585 Euro; dem stehen allerdings Entlastungen durch die geplanten Steuersenkungen gegenüber. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, warnte vor einem Verfassungsbruch: Die Begünstigung müsse vom ersten Kilometer an erfolgen, weil viele Pendler in ländlichen Räumen mangels öffentlicher Angebote keine Alternative zum Auto hätten. Der ADAC kündigte erneut rechtliche Prüfungen an.
Einen ganz anderen Weg schlägt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor: Auf die Steuerpauschale solle verzichtet und eine einkommensunabhängige Zulage von 7 bis 10 Cent je Kilometer ausgezahlt werden. Mittelfristig solle das Pendeln aber nicht mehr subventioniert werden.