Reformen Schritt für Schritt Erneuerung

Niedrigere Krankenkassenbeiträge, höhere Beiträge zum Krankengeld und Änderung des Handwerksrechts - so die Reformvorschläge, die heute unter die Lupe genommen werden. Die Wirtschaft erfreut sich derweil an Schröders Reformtempo.

Das Bundeskabinett berät heute (Mittwoch) über die Gesundheitsreform, die Reform der Handwerksordnung und ein Sonderprogramm für arbeitslose Jugendliche. Mit der Gesundheitsreform will Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) den durchschnittlichen Krankenkassenbeitrag von jetzt 14,3 unter 13 Prozent bringen. Den Versicherten drohen teilweise höhere Zahlungen, etwa beim Beitrag für Krankengeld. Mit dem Gesetz zur Änderung des Handwerksrechts sollen Firmengründungen erleichtert werden.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und Schmidt hatten sich am Dienstag auf eine stufenweise Anhebung der Tabaksteuer verständigt. Es soll drei Stufen mit Erhöhungen um 60 Cent im ersten Schritt Anfang 2004 und jeweils 40 Cent in zwei weiteren Stufen geben. Beide Ministerien unterstrichen, die Regelung sei noch nicht endgültig. Schmidt will mit dem Geld aus der Erhöhung der Tabaksteuer versicherungsfremde Gesundheitsleistungen wie Mutterschafts- und Schwangerschaftsgeld finanzieren.

Die Gesundheitsreform soll von den Koalitionsfraktionen im Bundestag eingebracht und am 18. Juni in erster Lesung beraten werden. Die abschließende Lesung findet voraussichtlich am 8. Juli statt. Offen ist, ob mit der Opposition im Bundestag oder erst im Bundesrat über die nötigen Kompromisse verhandelt werden wird.

Wirtschaft begrüßt Schröders Reformtempo

Bundeskanzler Gerd Schröder (SPD) erhält unterdessen aus der Wirtschaft verstärkt Unterstützung für sein angestrebtes Tempo bei den Reformplänen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, kündigte die Bereitschaft der Wirtschaft an, Subventionskürzungen mitzutragen. «Wir brauchen zehn Prozent Kürzung pro Jahr», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» (Mittwoch). Rogowski kritisierte die Ankündigung von Unionspolitikern, Teile der «Agenda» abzulehnen. Wenn die Reformen nicht schnell umgesetzt würden, mache die Politik einen Riesenfehler.

Der Agenda-Kritiker und bayerische Juso-Vorsitzende Florian Pronold betonte im Internet von tagesschau.de und politik-digital.de, auch nach der SPD-Fraktionsklausur am Montag und Dienstag sei sein Abstimmungsverhalten im Bundestag weiterhin offen. Es «hängt davon ab, was auf dem Tisch liegt».

Der konservative Seeheimer Kreis in der SPD warnte, bei einem Scheitern der Reform-«Agenda» im Parlament stehe die Partei «vor 20 Jahren Opposition». Wenn die Regierung im Bundestag keine eigene Mehrheit erhalte, gebe es Neuwahlen und «schlicht und einfach eine CDU/CSU-geführte Regierung», sagte der Sprecher des Kreises, Karl-Hermann Haack, dem ZDF-Magazin «Frontal 21».

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Erneutes Defizit bei den gesetzlichen Krankenkassen

Ungeachtet der gesetzlich vorgegebenen Nullrunden haben die gesetzlichen Krankenkassen nach einem Zeitungsbericht im ersten Quartal 2003 erneut ein Defizit hinnehmen müssen.

Die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" berichtet in ihrer Mittwochausgabe, allein bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) habe sich der Fehlbetrag im ersten Vierteljahr auf etwa 350 Millionen Euro und bei den Ersatzkassen auf 90 Millionen Euro belaufen. AOK und Ersatzkassen versichern knapp 75 Prozent aller Kassenmitglieder. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Kassen fast drei Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Zwar ist das Defizit kleiner als im ersten Quartal des Vorjahres (860 Millionen Euro), doch hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) noch im März erklärt, sie hoffe 2003 auf ein ausgeglichenes Ergebnis. Um Beitragserhöhungen zu verhindern, hatte die Bundesregierung zum 1. Januar ein Beitragssicherungsgesetz in Kraft gesetzt, das die Kassen mit Nullrunden für Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser um 2,8 Milliarden Euro entlasten sollte. Dennoch erhöhte ein Drittel der Kassen um den Jahreswechsel herum die Beiträge.

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