Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hält die Wirtschaftskrise für überwunden. "Deutschland ist wieder auf Wachstumspfad", sagte der FDP-Politiker am Freitag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Jetzt müssten bislang nicht genutzte Wachstumspotenziale mit technischem Fortschritt, Steuerentlastungen und freien Märkten erschlossen werden. Die Opposition warf dem Minister Schönrederei vor.
Der Konjunkturprognose der Bundesregierung zufolge ist in diesem Jahr ein Wachstum von 1,4 Prozent und im kommenden Jahr von 1,6 Prozent zu erwarten. Brüderle warb für den "klaren ordnungspolitischen Kompass" der schwarz-gelben Koalition. Er forderte einen "positiven Resonanzboden in Politik und Gesellschaft" für innovative Technologien wie Gentechnik, CO2-Speicherung und Elektromobilität.
Für weniger Regulierung wolle die Regierung auf den Märkten Post und Gas sorgen, kündigte der Minister an. Auch will er auf den internationalen Märkten für mehr Wettbewerb eintreten.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier kritisierte, Deutschland befinde sich bei weitem nicht in einem nachhaltigen Aufschwung. "Sie warten mit gefalteten Händen, dass der Aufschwung kommt, mit nichts auf der Kante", warf Steinmeier dem Wirtschaftsminister vor.
Angesichts der "tiefsten Krise" und "einem großen Vertrauensverlust unter der Bevölkerung in die Stabilität der Wirtschaftspolitik" müsse zunächst dieses Vertrauen wiederhergestellt werden. "Deshalb ist es so gefährlich zu sagen: Macht euch keine Sorgen, die Wirtschaft brummt", sagte Steinmeier.
Im Falle Griechenlands riet Steinmeier Bundeskanzlerin Angela Merkel, von einer "Nacht- und Nebelaktion" abzusehen. Er forderte sie auf, sich noch in dieser Woche - und nicht erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai - klar zu äußern. "Sagen Sie uns, zu was Sie unsere Zustimmung erwarten werden, dann können Sie sicher sein, dass Sie die Mithilfe der SPD erhalten", sagte Steinmeier.
Der stellvertretende Fraktionschef der Linken, Klaus Ernst, kritisierte die von Brüderle gewünschte Flexibilität der Märkte. Gerade die Deregulierung der Finanzmärkte sei doch die Ursache der Krise gewesen. Vielmehr müsse die Binnennachfrage in Deutschland gestärkt werden. Ohne ein Mindesteinkommen der Bevölkerung fehle hierzu aber die Kaufkraft, erklärte Ernst. Die Regierung solle ein "vernünftiges Streikrecht" und die Befristung der Leiharbeit auf die Tagesordnung setzen. Nur so könne die nächste Krise verhindert werden.
Der Grünen-Abgeordnete Fritz Kuhn erklärte, er vermisse Vorschläge der Regierung, die Kurzarbeit für innerbetriebliche Weiterbildung auszuschöpfen. Kuhn nannte den Wirtschaftsminister einen "Ankündigungs-Guru": Weder seien die Steuersenkungspläne der Koalition finanziell umzusetzen noch halte das Entflechtungsgesetz das versprochene Mehr an Wettbewerb. "Sie sind kein Innovationstreiber, sondern von alten Lobbys getrieben - das alte Kernproblem der FDP", meinte Kuhn.