Die Linken befinden sich im Höhenflug - je nach Umfrage kommt das Bündnis der Linkspartei und WASG auf mehr als zwölf Prozent. Auch wenn Meinungsforscher das Stimmungshoch noch nicht für stabil halten, sollten die beiden Parteien in dieser Stärke in den Bundestag einziehen, könnte es eng für eine schwarz-gelbe Koalition werden. Entsprechend machen die Gerüchte über eine mögliche rot-rot-grüne Koalition die Runde. Die SPD-Linke jedenfalls hat schon grundsätzliche Bereitschaft signalisiert.
So hatten sich der Vorsitzende der SPD-AG für Arbeitnehmerfragen, Ottmar Schreiner, und die SPD-Bundestagsabgeordnete Sigrid Skarpelis-Sperk für ein Bündnis mit der Linkspartei ausgesprochen. Doch die Parteispitze winkt ab: Nach Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem SPD-Fraktionsvorsitzenden sprechen sich nun auch andere SPD-Abgeordnete gegen ein solches Bündnis aus. So sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen", er sehe auf Bundesebene inhaltlich keine Möglichkeit der Zusammenarbeit. "Ich versichere Ihnen, es wird nicht passieren." In finanzieller, wirtschafts- und strukturpolitischer Hinsicht seien die Pläne dieser Partei überhaupt nicht realisierbar.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht vor allem das bisher fehlende Wahlprogramm der Linkspartei als Hindernis. Im Radiosender RBB sagte Wowereit, er sehe nicht, mit welchen Inhalten Rot-Rot im Bund Koalitionsverhandlungen aufnehmen solle. In Berlin dagegen hätten die SPD und die umbenannte PDS ein Sachprogramm und bisher ordentlich zusammengearbeitet, sagte Wowereit. Auch der Sprecher der SPD-Linken, Michael Müller, schloss in eine Koalition aus: "Ein solches Bündnis würde die SPD zerreißen."
"Die Tage von Schröder und Müntefering sind gezählt"
Der Spitzenkandidat der Linkspartei, Oskar Lafontaine, dagegen kann sich ein Zusammenschluss mit seinen ehemaligen Sozialdemokraten durchaus vorstellen. Freilich nur zu seinen Bedingungen. Der "Bild"-Zeitung sagte er: "Nur wenn die Sozialdemokraten sich wieder auf ihre Grundsätze besinnen, ist eine Zusammenarbeit möglich." Eine Kooperation mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Chef Franz Müntefering und Außenminister Joschka Fischer schloss Lafontaine aus: "Die Tage von Schröder und Müntefering sind gezählt, aber in der SPD gibt es viele kleine Schröders", sagte der frühere SPD-Vorsitzende. Er nannte eine weitere Bedingung einer Zusammenarbeit: "Die SPD muss sich von Hartz IV und der Agenda 2010 verabschieden."
Lafontaine kritisierte auch die Politik der Grünen: "Solange die Grünen völkerrechtswidrige Kriege befürworten und damit den Tod und die Verkrüppelung Tausender unschuldiger Menschen mit zu verantworten haben, gibt es keine Zusammenarbeit." Auch der Grünen-Wahlkampfmanager Fritz Kuhn sieht keine Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei: "Das ist absolut ausgeschlossen, denn das wäre ein Bündnis der Vergangenheit", sagte Kuhn im ARD-Morgenmagazin. Vertreter dieser Partei wie Lafontaine verträten innenpolitisch eine reaktionäre Politik.
Bundesfamilienministerin Renate Schmidt wandte sich generell gegen eine Koalitionsdebatte zu diesem Zeitpunkt. "Wer will, dass die SPD geschwächt wird, der redet über Koalitionen", sagte sie am Montag in Berlin. Die im "Netzwerk" zusammengeschlossenen jüngeren SPD-Abgeordneten verlangten unterdessen ein Ende der Debatte über eine große Koalition. "Wer jetzt über eine große Koalition spekuliert, treibt die SPD-Wähler nur in die Hände von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine", sagte die Netzwerk-Sprecherin und hessische SPD- Abgeordnete Nina Hauer in einem dpa-Gespräch. Die SPD stehe "in einem Richtungswahlkampf, nicht in einem Koalitionswahlkampf".

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Stellungnahmen nur Lippenbekenntnisse
Die Opposition hält alle Stellungnahmen für oder gegen ein Bündnis zwischen SPD und Linkspartei eh für Lippenbekenntnisse. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte im "Deutschlandfunk": "Sobald es eine Mehrheit gibt, wird es eine rot-rot-grüne Regierung - und sei sie nur toleriert - geben."
Dass das Linksbündnis aber auch schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen zurückgeholt werden kann, zeigt eine Posse aus Bayern. Dort ist zwischen der PDS und dem WASG Streit um die Vergabe der Listenplätze für die Bundestagswahl ausgebrochen: Ein Sprecher der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) sagte am Montag in München, das Vorgehen der früheren PDS bei der Kandidatennominierung sei ein Affront. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen solle aber erst am Donnerstag fallen. Das Wahlbündnis hatte sich massiv zerstritten, weil die Wahlalternative sich auf der gemeinsamen Kandidatenliste zu wenig vertreten fühlt.