Ein Sondereinsatzkommando der Polizei in Sachsen hat am Sonntag den 36-jährigen Matthias D. wegen seiner mutmaßlich engen Verbindungen zur Zwickauer Neonazi-Terrorzelle festgenommen. Der Mann wurde am frühen Morgen an seinem Wohnort im Erzgebirgskreis (Sachsen) gefasst, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit.
D. sei "dringend verdächtig, in zwei Fällen die terroristische Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) unterstützt zu haben".
Den Ermittlungen zufolge mietete D. 2003 und 2008 in Zwickau jeweils eine Wohnung an und überließ sie der extremistischen Zelle. "Er soll die Zwickauer Zelle dadurch unterstützt haben, ein Leben unter falscher Identität zu führen und unentdeckt Terroranschläge verüben zu können", teilte die Bundesanwaltschaft mit. Nach Angaben seines Anwalts sei D. jedoch nicht über die wahre Identität seiner Untermieter informiert gewesen und von diesen "getäuscht" worden.
Der Festgenommene ist angeblich einer der mutmaßlichen Führer der Neonazi-Gruppe "Brigade Ost" aus Johanngeorgenstadt. Schon vor Wochen gab es Berichte, dass ehemalige Mitglieder dieser Gruppe zum Unterstützerkreis des mordenden Zwickauer Trios gehörten.
Auch Mandy S. im Visier der Bundesanwälte
Im Erzgebirgskreis seien zudem drei Wohnungen durchsucht worden, darunter die des Beschuldigten und die einer weiteren möglichen Unterstützerin. Er soll am Montag einem Richter des Bundesgerichtshof vorgeführt werden.
Nach Informationen des "Spiegel" stufen die Ermittler inzwischen sieben Personen aus dem Umfeld der Zelle als Beschuldigte ein. Damit habe sich die Zahl um zwei erhöht, berichtet das Magazin. Neben den jetzt festgenommenen Matthias D. hat die Bundesanwaltschaft auch Mandy S. unter Verdacht, die Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) nach ihrem Untertauchen unterstützt zu haben.
Mandy S. soll die drei nach deren Flucht im Februar 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes in Chemnitz einquartiert haben. Die Frau hat die Vorwürfe in einer polizeilichen Vernehmung mittlerweile eingeräumt.
Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft hatte am Samstag gesagt, im Fall der Neonazi-Morde werde gegen rund ein Dutzend Personen aus dem Umfeld des Zwickauer Trios ermittelt. Genaue Angaben zur Anzahl der Beschuldigten machte die Sprecherin nicht.

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Ermittlungen führen auch in die Schweiz
Die Terrorzelle konnte sich möglicherweise auch bei der konkreten Mordplanung auf Unterstützung verlassen. Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete, haben die Täter vor den Morden an türkischen und griechischen Geschäftsleuten die Tatorte sorgfältig ausgekundschaftet oder auskundschaften lassen. Fluchtwege und Gewohnheiten der potenziellen Opfer seien notiert worden.
Die Ermittlungen führen inzwischen auch ins Nachbarland Schweiz. Die "Süddeutsche Zeitung" (Samstag) berichtete, dass die Mordwaffe in den 90er Jahren in der Schweiz gekauft worden sei. Zudem berichtete die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf den Schweizer "Tagesanzeiger" von einer möglichen Verbindung der Terrorzelle zum Mord an einem Rabbi in Zürich im Jahr 2001. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft gibt es aber bislang keine Anhaltspunkte für eine Verbindung.
Wohlleben soll Waffen und Munition beschafft haben
Das Zwickauer Neonazi-Trio steht im Verdacht, zwischen 2000 und 2007 insgesamt zehn Morde an Einwanderern und einer Polizistin verübt zu haben. Außerdem werden ihnen zwei Bombenanschläge in den Jahren 2001 und 2004 zur Last gelegt. Ihre Taten finanzierten sie sich offenbar mit Banküberfällen.
Der rechtsextremistische Hintergrund der Taten kam erst in diesem Herbst ans Licht, als zwei mutmaßliche Mitglieder der Zelle, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, nach einem Banküberfall in Eisenach tot in einem Wohnmobil gefunden wurden. Später wurde in ihrer Wohnung in Zwickau eine Tatwaffe entdeckt. Ihre mutmaßliche Komplizin Beate Zschäpe sitzt in Haft.
Zudem wurden weitere Verdächtige festgenommen, etwa der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der den Neonazis eine Waffe und Munition beschafft haben soll. Als Konsequenz aus der Mordserie hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern am Freitag darauf geeinigt, ein Verbot der rechtsextremistischen Partei anzustreben.