Söder sorgt für Diskussionen "Das muss doch mal aufhören"

In der CSU-Landesgruppe kocht es. Keine drei Wochen sind vergangen, seitdem sich die CSU-Bundestagsabgeordneten über die ständigen "Störfeuer" aus München beklagt haben, und schon ist der umtriebige bayerische Gesundheitsminister Markus Söder wieder vorgeprescht.

In der CSU-Landesgruppe kocht es. Keine drei Wochen sind vergangen, seitdem sich die CSU-Bundestagsabgeordneten über die ständigen "Störfeuer" aus München beklagt haben, und schon ist der umtriebige bayerische Gesundheitsminister Markus Söder wieder vorgeprescht. Aus der Zeitung mussten die Berliner am Montag erfahren, dass Söder ein eigenes Konzept für eine Gesundheitsreform ohne Kopfpauschale erarbeitet hat - obwohl die Expertenkommission der CSU noch nicht einmal richtig die Arbeit aufgenommen hat.

"Ich habe die Schnauze voll! Das ist Selbstdarstellung, und nicht mehr", empörte sich Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller am Montagabend auf einer Sitzung der Landesgruppe und sprach damit vielen Kollegen aus dem Herzen. Es sei ein Affront, jetzt mitten in der Arbeit ein solches Konzept vorzulegen, hieß es. Die CSU wolle in Berlin konstruktiv arbeiten, aus München kämen nur Querschüsse.

Ein Affront ist der Alleingang Söders vor allem für Ilse Aigner, die als Verbraucherschutzministerin nicht nur in der CSU-Kommission, sondern auch in der Regierungskommission zur Ausarbeitung einer Gesundheitsreform sitzt. Sie wollte sich am Dienstag zwar nicht öffentlich dazu äußern, ihr Sprecher Holger Eichele ließ aber keinen Zweifel an der Stimmungslage: "Wenn die Ministerin Herrn Söder etwas mitzuteilen hat, macht sie das direkt - wenn es sein muss, auch sehr direkt."

Auch wenn sich Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich nach Kräften bemüht, den Konflikt herunterzuspielen - in der CSU werden die Fronten zwischen München und Berlin immer härter. In der Landesgruppe ist man davon überzeugt, dass Söder am Montag aus reiner Geltungssucht ein Routinegespräch mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zu einer Art "Gesundheitsgipfel" hochgejazzt hat.

Dass der Termin seit langem feststand, dass vor Söder schon eine ganze Reihe anderer Länderminister zum Antrittsbesuch bei Rösler waren, spielte da keine Rolle. Tatsächlich enthielt das "Konzept" Söders denn auch wenig Neues. Im Parteipräsidium stellte er es am Montagmorgen nur ganz kurz vor - bevor er nach Berlin entschwand. Für Schlagzeilen sorgte es trotzdem.

Viele in der Landesgruppe sind davon überzeugt, dass Söder solche Manöver nicht auf eigene Rechnung macht, sondern auf die Rückendeckung von Parteichef Horst Seehofer setzen kann. Das zeigte sich schon Anfang März, als Landesgruppenchef Friedrich die fortwährenden Querschüsse aus München beklagte und Seehofer ihm daraufhin "bodenlosen Unsinn" vorwarf.

Und das zeigte sich auch am Dienstag, als der Ministerpräsident nach der Kabinettssitzung in München mit Söder vor die Medien trat und ein Ende der Debatte forderte. Im Parteipräsidium seien alle wichtigen Themen unter Einbeziehung der Landesgruppe koordiniert worden, betonte Seehofer. Genauso werde man das auch weiter halten. Punkt und Schluss.

Für die CSU sind die Konflikte zwischen Berlin und München nicht neu; neu ist die Offenheit, mit der der Streit ausgetragen wird. Sie dürfte vor allem Ausdruck der Genervtheit sein, die sich unter den CSU-Bundestagsabgeordneten breit gemacht hat. In den Wahlkreisen bekomme man jedes Wochenende zu hören, wie sehr den Menschen der Dauerstreit in der Berliner Koalition auf die Nerven gehe, erzählt eine Parlamentarierin. "Da muss doch mal aufhören!"

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Seehofer gilt vielen als unberechenbar. Das zeigte sich zuletzt bei der Kürzung der Solarförderung, die die Fachleute wochenlang in zähem Ringen aushandelten - nur um dann zu erleben, dass der CSU-Chef den Kompromiss unmittelbar nach dem Kabinettsbeschluss wieder über den Haufen warf.

Diese Sprunghaftigkeit gilt auch in der schwarz-gelben Koalition als Problem. So glauben viele in CDU und FDP, dass es die CSU war, die kürzlich die Meldung lancierte, die Koalition ziehe die Steuerreform vor und wolle noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine abgespeckte Version präsentieren.

Als Konsequenz daraus, heißt es, hätten Kanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle inzwischen vereinbart, den weiteren Fahrplan bei der Steuerreform zunächst ohne Seehofer abzustimmen, um neue Querschüsse zu verhindern.

APN
Uta Winkhaus, APN