Der Poker um die Macht in Nordrhein-Westfalen ist auch dreieinhalb Wochen nach der Landtagswahl weiter offen. CDU und SPD konnten sich auch bei ihrer dritten Sondierungsrunde am Mittwoch in Düsseldorf nicht dazu entscheiden, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Die Sozialdemokraten wollen nach den Worten ihrer Verhandlungsführerin Hannelore Kraft zunächst mit Grünen und FDP die Möglichkeit einer Ampelkoalition ausloten. Im Anschluss werde die Landes-SPD ihrer Basis die Ergebnisse der Sondierungsgespräche vorstellen.
Kraft sagte, in den Gesprächen mit der CDU sei zwar deren Versuch erkennbar geworden, "zu einem neuen Miteinander zu kommen". In vielen Bereichen habe die CDU aber "Klarstellungen vermissen lassen". Zudem sei die CDU zu einem personellen Neuanfang "derzeit nicht bereit". Heißt: Sie hält an Ministerpräsident Jürgen Rüttgers fest.
Knackpunkt Schulpolitik
Insbesondere bei der Schulpolitik scheint eine Einigung schwierig. Kraft sagte, bei der Frage nach längerem gemeinsamen Lernen gebe es keine einheitliche Linie. Auch CDU-Verhandlungsführer Rüttgers sprach von vielen Fragen rund um das Schulsystem. Seiner Einschätzung nach gibt es jedoch "eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten". Seine Partei sei bereit, bei der Schulpolitik auf die SPD zuzugehen.
Der CDU-Landeschef bekräftigte nach den insgesamt 14-stündigen Gesprächen mit der SPD, zur Bildung einer stabilen Regierung müssten die beiden großen Parteien aufeinander zugehen. Bei der Sondierung sei feststellbar gewesen, "dass wir nicht nur ein Minimum an Gemeinsamkeiten haben". Vielmehr seien alle Voraussetzungen erfüllt, dass Koalitionsverhandlungen "erfolgreich abgeschlossen werden können".
Rüttgers will Regierungschef bleiben
"Wir sind sicher, dass mit einem guten Willen es möglich ist, ein attraktives Zukunftsprogramm für Nordrhein-Westfalen gemeinsam zu entwickeln", sagte Rüttgers. "Man wird jetzt abwarten müssen, wie die weiteren Gespräche, die Frau Kraft führen wird, ablaufen." Die CDU werde "gegebenenfalls zu weiteren Gesprächen natürlich zur Verfügung" stehen.
Rüttgers betonte, als stärkste Partei habe die CDU den Anspruch, den Regierungschef zu stellen. Außerdem mache jede Partei ihre Personalvorschläge selbst. CDU und SPD haben im Landtag jeweils 67 Mandate, die CDU ist mit einem Vorsprung von knapp 6000 Stimmen stärkste Partei.
Grüne bereit zu schnellen Ampel-Gesprächen
Die Grünen bekräftigten derweil ihre Bereitschaft für zeitnahe Gespräche mit SPD und FDP. Aus Sicht ihrer Partei "sollte das unkompliziert zustande kommen", sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann im WDR. Als große inhaltliche Probleme zwischen Grünen und FDP nannte Löhrmann die Bildungspolitik und die schwierige Finanzlage der Kommunen. "Und da kenne ich überhaupt nicht die Position, wie die FDP den Kommunen helfen will."
Den Weg für Ampelgespräche in NRW hatte zu Wochenbeginn der FDP-Landesvorstand durch einen Beschluss frei gemacht. Darin zeigen sich die Liberalen auch offen für Sondierungsgespräche über eine sogenannte Jamaika-Koalition gemeinsam mit CDU und Grünen. Ein solches Bündnis schlossen die Grünen aber erneut aus. "Wir haben das vor der Wahl sehr klar ausgeschlossen als Grüne, und dabei bleibt es auch, weil wir nicht einer abgewählten Regierung sozusagen weiterhin zur Macht verhelfen", sagte Löhrmann. Bei der Landtagswahl am 9. Mai hatte das bisherige Regierungsbündnis aus CDU und FDP seine Mehrheit verloren.