Hessens SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti will am 5. April unabhängig von der Entscheidung ihrer parteiinternen Kritikerin Dagmar Metzger nicht zur Wahl als Ministerpräsidentin antreten. "Dabei bleibt es - und zwar egal, wie sich Frau Metzger entscheidet", sagte Ypsilanti vor Beginn einer SPD-Präsidiumssitzung in Berlin. Die Mehrheit sei nicht gesichert.
Ypsilanti verwies darauf, dass nach dem Beschluss des SPD- Bundesvorstandes die "alleinige Verantwortung" über ein Zusammenwirken mit anderen Parteien bei den SPD-Landesverbänden liege. Die Hessen-SPD sei im Übrigen anders als dargestellt "keine zerstrittene Partei". Sie stehe "nach wie vor zu den Inhalten ihres Landtagswahlkampfes und vor allem hinter ihrer Vorsitzenden und Spitzenkandidatin".
Massiver Druck auf Linke-Verhinderin Metzger
Die hessische SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger ist nach ihrer Ankündigung, Andrea Ypsilanti bei einer Wahl mit Hilfe der Linken die Stimme zu verweigern, telefonisch auch von Parteifreunden beschimpft worden. "Besonders dieser moralische Druck war schlimm. Es fielen Ausdrücke wie 'Sauerei' und so weiter", sagte Metzger der "Bild"-Zeitung. "Das Telefon stand kaum still. Ein Anrufer brüllte in die Leitung 'Judas', dann legte er einfach auf."
Metzger sprach von einem Spießrutenlaufen. Ihr sei am Telefon vorgeworfen worden, sie würde die Partei kaputtmachen. Laut "Bild" ist es ungewiss, ob sich Metzger bis zur nächsten SPD-Fraktionssitzung entscheidet, ob sie ihr Landtagsmandat behält oder niederlegt. "Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde", sagte die Darmstädter Abgeordnete. "Ich fühle mich körperlich nicht wohl. Das kann alles auch noch etwas länger dauern."
Metzger überlegt Mandatsniederlegung
Die Darmstädter Parlamentarierin hatte angekündigt, Ypsilanti bei einer Wahl mit Unterstützung der Linken ihre Zustimmung zu verweigern. Am Wochenende hatte sie sich aber Bedenkzeit ausbedungen, ob sie eventuell ihr Landtagsmandat niederlegt. Ypsilanti hatte sie aufgefordert, sich bis zur SPD-Fraktionssitzung zu entscheiden.
Der niedersächsische SPD-Vorsitzende Garrelt Duin lobte ausdrücklich den Mut von Metzger. "Ich finde es fatal, wenn Frau Metzger jetzt unter Druck gesetzt wird. Sie tut nichts anderes, als sich daran zu erinnern, was vor der Wahl gesagt worden ist", sagte Duin in der ARD-Sendung "Anne Will". "Jemand wie Frau Metzger hat allen Applaus verdient." Duin, der Mitglied des Seeheimer Kreises ist, erneuerte seine Kritik an der Öffnung der SPD zu Bündnissen mit der Linken und bewerte dies als großen strategischen Fehler.

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Koch schließt Rücktritt nicht aus
Unterdessen rief der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die Parteien in seinem Land nach den SPD-Turbulenzen zur Suche nach einem Kompromiss bei der Regierungsbildung auf. Vor einer CDU-Präsidiumssitzung schloss es Koch in Berlin nicht ausdrücklich aus, seinen eigenen Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten aufzugeben, falls nur so eine Koalition mit den Grünen und der FDP zustande käme. Er habe ein Interesse daran, dass es "bald wieder eine gewählte Regierung in Hessen gibt". Koch verurteilte den Druck der hessischen SPD auf die Abgeordnete Dagmar Metzger, die sich dem Links-Kurs der Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti widersetzt hatte.
Unions-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder (CDU) verlangte im Deutschlandradio von der SPD eine Abgrenzung zur Linken. "Jede demokratische Partei muss sich nach links und rechts glasklar abgrenzen. Das ist der SPD nicht gelungen. Wenn man einer Partei eine Machtperspektive eröffnet, wie es die SPD mit der Linkspartei tut, braucht man sich nicht wundern, wenn diese Partei wächst und man selber schwach wird."