Die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, ist bereit, auf einen Posten im Stiftungsrat des Vertriebenenzentrums zu verzichten. Als Bedingung nannte sie am Dienstag im ARD-Morgenmagazin, dass die Zahl der Mitglieder, die der Bund der Vertriebenen in diesem Rat stellt, aufgestockt wird. Der BdV habe bewusst keine Zahl genannt, sagte Steinbach und warb für eine "Lösung der Vernunft".
In einer schriftlichen Erklärung nannte der Verband als weitere Bedingungen, die Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" brauche mehr Eigenständigkeit. Auch müsse die Zweistufigkeit der Benennung und Bestellung der Stiftungsratsmitglieder gestrichen werden, womit der Bund sein Recht verlieren würde, die Stiftungsratsmitglieder endgültig zu benennen. Der BdV fordert stattdennsen ein "Entsendeverfahren, um zukünftige politische Bevormundung auszuschließen".
Steinbach sagte, der BdV habe 21 Landsmannschaften. Die vorgesehene Zahl von drei Vertretern im Stiftungsrat sei "wesentlich zu gering" und müsse deutlich aufgestockt werden. Auf jeden Fall müssten alle Regelungen gestrichen werden, die den Verband "unter Kuratel" der Politiker gestellt hätten.
"Goldene Brücke" für den Außenminister
Steinbach erklärte, dass auch ihrem Verband der Entschluss zu dem Kompromissvorschlag nicht leicht gefallen sei. Zugleich hob sie hervor: "Es geht dabei nicht um mich, sondern es geht um das Recht unseres Verbandes." Der BdV habe monatelang vergeblich versucht, sein Benennungsrecht für den Stiftungsrat durchzusetzen. Nun wolle er "diese Bevormundung aufheben". Dazu habe sie den Kompromissvorschlag vorgelegt, den das Verbandspräsidium einvernehmlich beschlossen habe. Die Vertriebenenpräsidentin äußerte sich zuversichtlich, dass eine vernünftige Lösung möglich sei. Sie habe Außenminister Guido Westerwelle dafür eine "goldene Brücke" gebaut.
Das Kanzleramt sieht in den neuen Vorschlägen eine Chance auf Einigung in dem Streit mit dem BdV. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sagte, die Union werde die Vorschläge "wohlwollend prüfen und am Ende auch unterstützen".
Westerwelle will Vorschlag "fair" prüfen
Westerwelle sagte zumindest eine "faire, sachliche und konstruktive" Prüfung des Kompromissvorschlags zu. "Mein Ziel ist ja nicht irgendeine persönliche Auseinandersetzung, sondern mein Ziel ist es ja, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen nicht beschädigt werden", sagte der FDP-Chef im Deutschlandfunk. "Was diesem Ziel dient, werde ich unterstützen."
Die CSU warnte Westerwelle, den Kompromissvorschlag auszuschlagen. Er müsse sich rasch erklären und dürfe BdV keine weitere Hängepartie zumuten, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Wieviel Zeit er sich für eine Entscheidung über den Kompromissvorschlag lassen will, wollte Westerwelle jedoch nicht sagen.
Bosbach: Änderung des Stiftungsgesetzs heikel
In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hatte Steinbach bereits eine "Lösung der Vernunft" in dem monatelangen Streit angekündigt. Es gehe darum, "eine unsägliche Debatte auf dem Rücken der Opfer" zu beenden, sagte sie dem Blatt. Steinbach warb für eine vom BdV angestrebte Änderung des Stiftungsrechts. Sie hätte den Vorteil, "dass die Bundesregierung sich nie wieder erpresst fühlen könnte von irgendeinem der Nachbarländer, da sie ja nicht mehr zuständig für die Berufung in den Stiftungsrat ist".

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Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), hält eine Änderung des Stiftungsgesetzes für politisch heikel. "Das jetzige Modell ist die Geschäftsgrundlage für das Stiftungsgesetz", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Für dieses Stiftungsgesetz eine Mehrheit zu finden, war nicht ganz einfach. Ich fürchte, wenn man jetzt an der Substanz der Vereinbarung rüttelt, könnte das ganze Projekt in Gefahr geraten." Auch in der FDP-Führung gebe es Bedenken gegen eine Änderung, berichtete die Zeitung.
CDU und CSU wollen, dass die Vertriebenen selbst über ihre Vertreter im Rat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" entscheiden. Dort sind Bundestag, Regierung, BdV, Evangelische Kirche, Katholische Kirche und Zentralrat der Juden in Deutschland sowie Stiftungen vertreten. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich vermutete, Steinbach habe der FDP eine "goldene Brücke" gebaut. "Ich würde die Entscheidung respektieren. Ich sage aber auch, die CSU steht an der Seite der Vertriebenen", sagte Friedrich den Zeitungen "Straubinger Tagblatt" und "Landshuter Zeitung".