US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama bemüht sich um eine Glättung der Wogen im Streit über eine mögliche Rede vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Der Inhalt seiner geplanten Rede sei wichtiger als der Ort, sagte Obama am Sonntag während eines Fluges nach San Diego auf die Frage, ob er vor dem Brandenburger Tor sprechen wolle. "Ich möchte lediglich darlegen, wie ich über die Rolle der kommenden US-Regierung beim Wiederaufbau der transatlantischen Allianz denke." Sein Team suche nach einem geeigneten Ort dafür, habe aber keinen bestimmten Platz im Sinn. Keinesfalls sei ihm an einer Kontroverse gelegen.
Die Überlegungen für eine Rede Obamas am Brandenburger Tor hatten in der großen Koalition zu Spannungen geführt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte einen medienwirksamen Auftritt vor dem Symbol der deutschen Einheit mitten im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft für unangebracht gehalten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte den Plan indes begrüßt. Am Samstag hieß es in Regierungskreisen in Berlin, Obama werde wohl nicht vor dem Brandenburger Tor auftreten. Wo Obama stattdessen öffentlich reden werde, stehe aber noch nicht fest. Die Entscheidung falle kommende Woche einvernehmlich zwischen Bundesregierung, dem Berliner Senat und Obamas Stab.
Merkel sagte der "Bild am Sonntag": "Ich freue mich sehr auf den Besuch und unser Gespräch, schon deshalb, weil ich ihn persönlich noch nicht kenne." Dabei betonte sie nach den Differenzen der vergangenen Tage einen Schulterschluss mit Steinmeier: "Es ist für mich und Außenminister Steinmeier wertvoll, dass der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Demokraten in Berlin seine transatlantischen Positionen darlegt."
Ein Kompromiss in dem Streit hatte sich schon am Freitag abgezeichnet: Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, dass die Bundesregierung und Obamas Stab an einer "einvernehmlichen und guten Lösung" arbeiteten, "die von allen getragen werden kann" - ein indirekter Hinweis auf die Suche nach einem Ausweichort. Der Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" berichtete unter Berufung auf Obamas Wahlkampfzentrale in Chicago, an diesem Montag kämen seine ersten Mitarbeiter nach Berlin, um einen geeigneten Redeort zu suchen. Ein Sprecher des Berliner Senats sagte, in der ersten Hälfte dieser Woche solle die Entscheidung darüber fallen. "Das Brandenburger Tor steht aber nach wie vor zur Verfügung."
Druck aus Washington dementiert
Wilhelm hatte am Freitag Berichte zurückgewiesen, US-Präsident George W. Bush habe Druck auf Merkel ausgeübt, dem Kandidaten der gegnerischen Demokraten die Rede vor dem Brandenburger Tor zu verweigern.
Für den Besuch sind bislang Treffen mit der Kanzlerin und mit dem Außenminister geplant. Weitere mögliche Stationen Obamas sind US-Militäreinrichtungen in Deutschland. Auf der Reise in europäische Hauptstädte, in den Irak und nach Afghanistan wird Obama von dem republikanischen Senator Chuck Hagel und den demokratischen Senator Jack Reed begleitet. Beide haben einen militärischen Hintergrund und werden trotz ihrer unterschiedlichen Parteizugehörigkeit als mögliche Vizepräsidentschaftskandidaten gehandelt. Hagel und Reed seien Experten für Außenpolitik und spiegelten einen überparteilichen Ansatz wider, sagte Obama.