Der Abhörskandal bei der Luftwaffe soll nach einem Medienbericht darauf zurückzuführen sein, dass für die Schaltkonferenz der betroffenen Offiziere keine geschützte Leitung genutzt wurde. Nach dpa-Informationen sprachen die Offiziere über die Kommunikationsanwendung Webex miteinander. Die Webex-Sitzung sei wiederum über eine Büro-Festnetzleitung der Bundeswehr auf die Mobiltelefone der Soldaten abgesetzt worden, schrieb die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte der "Bild am Sonntag": "Es gibt Anhaltspunkte, dass mit Blick auf die offensichtlich besprochenen Inhalte ein nicht ausreichend sicheres Kommunikationsmittel verwendet wurde. Dies ist unter anderem Gegenstand der weiteren Untersuchungen."
Taurus-Kommunikation via Webex
An der Besprechung nahm auch der Chef der Luftwaffe, Inspekteur Ingo Gerhartz, teil. Der Zeitung zufolge wird noch geprüft, welcher Sicherheitsstufe die besprochenen Details unterlagen. Zu klären sei auch, ob die verwendete Webex-Variante zumindest für den Austausch von Informationen der niedrigsten Geheimhaltungsstufe "Verschlusssachen – nur für den Dienstgebrauch" zugelassen sei, hieß es.
CSU-Politiker Alexander Dobrindt forderte unterdessen Erklärungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es sei "befremdlich", dass sicherheitsrelevante Gespräche "offensichtlich von den Russen mitgehört werden", sagte der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag dem "Spiegel". Ebenso sei es befremdlich, dass Scholz "seine Ablehnung von Taurus-Lieferungen möglicherweise mit einer Falschdarstellung begründet".
Beides müsse schnellstens aufgeklärt werden. "Der Bundeskanzler muss sich dafür vor dem Bundestag erklären", forderte Dobrindt. Auch ein Untersuchungsausschuss könne "nicht ausgeschlossen werden".
Seit Freitag kursiert ein rund 38 Minuten langer Mitschnitt, in dem ein Gespräch zwischen vier deutschen Offizieren zu hören sein soll. Verbreitet wurde die Aufnahme von der Chefredakteurin des früher als Russia Today bekannten russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, im Onlinedienst Telegram.
Debatte um Taurus: Ukraine-Wünsche abgewiesen
In dem Gespräch geht es um einen möglichen Einsatz von deutschen Taurus-Marschflugkörpern, die eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern haben, durch ukrainische Streitkräfte und deren mögliche Auswirkungen.
Die Ukraine fordert seit Monaten die Lieferung des Taurus-Waffensystems, was Scholz aber trotz Kritik auch aus den Reihen der Koalitionspartner ausschließt. Er begründet seine Weigerung damit, dass Deutschland dadurch in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte, bis hin zu einer direkten Beteiligung des deutschen Militärs.

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Viele Fachleute bestreiten allerdings, dass es einen solchen Automatismus gebe. Vielmehr könnten die ukrainischen Streitkräfte die Marschflugkörper sehr gut selbst bedienen und programmieren.