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Terrorwarnungen Sicherheitsbehörden setzen auf Prävention

Im Kampf gegen Islamismus und Terrorismus setzen die Berliner Sicherheitsbehörden verstärkt auf Prävention, Dialog und Deradikalisierung.

Im Kampf gegen Islamismus und Terrorismus setzen die Berliner Sicherheitsbehörden verstärkt auf Prävention, Dialog und Deradikalisierung. Es sei wichtig, auch Menschen mit "starken religiösen Überzeugungen" nicht in die Isolation zu treiben und sie damit noch anfälliger für Radikalisierungen zu machen, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Montag in Berlin.

"Ich bin der Überzeugung, dass dies ein wesentliches Element bei der Prävention von Radikalisierung ist", sagte Körting zur Eröffnung der Fachtagung "Islamismus: Prävention und Deradikalisierung" im Berliner Haus der Kulturen der Welt. Um Ausgrenzungen zu verhindern, müsse man mit allen muslimischen Gruppen reden, solange sie nicht Gewalt propagierten, sagte er. Doch die Politik sei über die Grenzen Berlins und Deutschlands hinaus gefragt. "Man muss sich fragen, wie man weltweit auf Konflikte reagiert und wie man weltweit Konflikte auch runterfährt." So müsse das Palästina-Problem endlich gelöst werden, das man schon seit 50 Jahren vor sich "hindümpeln" lasse.

Gefahr durch Prediger und Propagandavideos

Die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, benannte verschiedene Faktoren, die zu einer Radikalisierung führen könnten. Radikale muslimische Prediger der Bewegung des sogenannten Salafismus würden zum Beispiel bei "Islam-Seminaren" oft die ideologische Grundlage legen. Auch ehemalige Kämpfer würden jungen Muslimen und Konvertiten die Ideen des globalen Dschihad vermitteln. Nationale Krisenherde werden nach Darstellung Schmids "als Schauplätze des Kampfes gegen 'Juden und Kreuzritter'" umgedeutet. Durch Propagandavideos im Internet und den Einfluss einer Gruppe von Gleichgesinnten würden sich Muslime immer stärker von ihrer alten Lebensweise lösen sowie von Familie und Freunden abschotten.

Biografien wie die von Mitgliedern der sogenannten Sauerland-Zelle oder die des in Afghanistan getöteten deutschen Terrorkämpfers Eric Breininger hätten gezeigt, dass westliche Werte und die westliche Lebensweise im Lauf des Radikalisierung immer weiter abgelehnt würden. Soziale Faktoren wie Arbeitslosigkeit oder Perspektivlosigkeit könnten dabei ein Nährboden für die Radikalisierung sein. Dies sei aber nicht ausschlaggebend, erklärte der Innensenator.

Größte Gefahr ist die Ausbildung in Terrorcamps

Die Verfassungsschutz-Chefin erklärte: "Die größte sicherheitspolitische Relevanz haben jedoch Aufenthalte in Ausbildungslagern einer Terrororganisation." Seit Anfang der neunziger Jahre hätten rund 220 deutschstämmige oder in Deutschland lebende Islamisten eine paramilitärische Ausbildung in einem Terrorcamp erhalten. Auch gegenwärtig befänden sich Islamisten mit Deutschland-Bezug im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet zur Ausbildung.

Um Radikalisierungen zu verhindern, seien nicht nur die Sicherheitsbehörden, sondern die gesamte Gesellschaft von der Schule über Migrantenvereine bis zu Imamen gefragt. Prävention sei effektiver als jede Reaktion auf Terrorismus. "Hier müssen wir in den nächsten Jahren unsere Arbeit noch intensivieren", sagte Schmid.

Dschihad-Aussteiger hilft heute Jugendlichen

Bei der Fachtagung diskutierten Mitarbeiter von Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden mit ausländischen Experten. Der Engländer Hanif Qadir berichtete aus seiner eigenen Erfahrung als Dschihadist. Vor Jahren war er selbst von Islamisten radikalisiert worden und nach Pakistan gereist, um am Kampf gegen die US-Truppen teilzunehmen. Als ihm klar wurde, dass auch die Taliban Muslime aus aller Welt lediglich benutzten, sie als Kanonenfutter an die Front schickten, kehrte er um. Heute leitet er in London ein Anti-Radikalisierungs-Projekt. Er betonte, dass viele Jugendliche nicht von der religiösen Ideologie in die Arme von Radikalen getrieben würden, sondern vom Empfinden, dass zum Beispiel der Krieg in Afghanistan ungerecht sei.

"Mit unserem Projekt machen wir genau das gleiche wie diejenigen, die für den Heiligen Krieg rekrutieren. Wir gehen zu den Jugendlichen, reden mit ihnen. Nur versuchen wir ihnen klar zu machen, dass man das, was sie als Ungerechtigkeit empfinden, nicht mit neuer Ungerechtigkeit beantworten darf", sagte Qadir.

APN APN

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