Die umstrittenen Äußerungen zum angeblich fehlenden Integrationswillen von Migranten haben für Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin kein gerichtliches Nachspiel. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren am Freitag eingestellt. Es seien in dem entsprechenden Interview mit der Zeitschrift "Lettre International" keine strafbaren Inhalte festgestellt worden, hieß es zur Begründung.
Das Ende September veröffentlichte Interview Sarrazins, der bereits als Berliner Finanzsenator mit provokanten Äußerungen polarisiert hatte, sorgte tagelang für heiße Diskussionen. Sarrazins Gegner kritisierten vor allem zwei Sätze: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate." Und: "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert."
Die Staatsanwaltschaft hatte nach mehreren Strafanzeigen das Interview daraufhin geprüft, ob durch einzelne Äußerungen die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen überschritten wurde. Die Vorwürfe der Volksverhetzung, Verleumdung, üblen Nachrede und Beleidigung "haben sich nach der staatsanwaltschaftlichen Auswertung des Interviews nicht bestätigt", erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Plakativ und polemisch - aber nicht strafbar
Der Beschuldigte habe die von ihm aufgezeigten Probleme Berlins anhand einzelner Bevölkerungsgruppen - in erster Linie den in Berlin lebenden Türken und Arabern sowie der Berliner Unterschicht - "in plakativer und teilweise polemischer Form hervorgehoben". Weder werde in dem Interview hinsichtlich einzelner Bevölkerungsgruppen zum Hass oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgerufen, noch werde die Menschenwürde dadurch angegriffen, dass Angehörige der genannten Bevölkerungsgruppen beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet würden, hieß es weiter.
Die Staatsanwaltschaft erklärte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, "dass die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit jedem das Recht gibt, auch in überspitzter und polemischer Form Kritik zu äußern".