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Rheinmetall Wie türkische Nazi-Beschimpfungen einer deutschen Rüstungsfirma helfen

Die Zeitung "Günes" zeigte am 10. März Angela Merkel als Hitler
Die Zeitung "Günes" zeigte am 10. März Angela Merkel als Hitler, vergangenen Freitag bildete sie die Bundeskanzlerin wieder so ab
© Linda Say/DPA
Zeitungen des türkischen Unternehmers Ethem Sancak verunglimpfen Kanzlerin Merkel als "Frau Hitler" und den inhaftierten deutschen Journalisten Deniz Yücel als Terrorhelfer.  Das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall kann von der Pro-Erdogan-Propaganda profitieren: Es ist mit Sancak verbunden.

Wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dieser Tage Kanzlerin Angela Merkel allen ernstes Nazi-Methoden vorwirft und den inhaftierten "Welt"-Journalisten Deniz Yücel als Terrorhelfer verunglimpft, dann steht er damit in seinem eigenen Land nicht allein. Einige türkische Zeitungen fallen dabei auf, wie sie ihm Flankenschutz geben und die Propaganda des Präsidenten eins zu eins übernehmen – etwa die Zeitung "Günes", die dem Unternehmer Ethem Sancak gehört.

Am Freitag zeigte "Günes" auf der Titelseite Angela Merkel in Nazi-Uniform. Das Blatt titulierte sie als "Frau Hitler" und als "häßliche Tante". Am Wochenende attackierte "Günes" die "Deutsche Welle", weil die auf ihrer türkischen Facebook-Seite per Livestream über eine kurdische Demonstration in Frankfurt berichtet hatte. Das Boulevardblatt "Star" wiederum stellte den "Welt"-Journalisten Yücel vor einigen Tagen als Handlanger der kurdischen PKK dar. Auch der "Star" gehört der Esmedya-Gruppe des Ethem Sancak. Der glühende Erdogan-Anhänger sprach schon einmal öffentlich von der "göttlichen Liebe", die ihn mit dem Präsidenten verbinde.

Rheinmetall: Bündnis mit Erdogan-Fan

Also einfach ein durchgeknallter Fan eines Präsidenten, der ihm auf dem Weg in die Autokratie Flankenschutz gibt? Nicht aus Sicht eines als respektabel geltenden deutschen Unternehmens: Gerade erst ist die im MDAX notierte Düsseldorfer Rheinmetall AG ein Bündnis mit dem Erdogan-Fan eingegangen. Der besitzt auch die Firma BMC, die Lkws und Militärfahrzeuge herstellt. Mit ihr gründete Rheinmetall Ende vergangenen Jahres in Ankara das Gemeinschaftsunternehmen Rheinmetall BMC Savunma Sanayi, kurz RBSS. Der sternberichtete darüber vorvergangene Woche zusammen mit dem Recherchezentrum Correctiv und der türkischen Exilredaktion Özgürüz – auch über die Pläne von RBSS, sich beim türkischen Verteidigungsministerium um den Bau türkischer Kampfpanzer vom Typ Altay zu bewerben.

Am Sonntag bekannte sich Rheinmetall-Chef Armin Papperger in einem Interview im "Tagesspiegel" ganz offen zu den Plänen für eine Panzerfabrik in der Türkei. Und er sprach über das Vorhaben, Leopard-Panzer der türkischen Armee nachzurüsten. Für diesen Staatsauftrag hat sich laut Rheinmetall Ethem Sancaks Firma BMC bereits beworben.

Da dürfte es nicht schaden, dass sich die Zeitungen des Unternehmers Sancak die wüste Propaganda des Staatspräsidenten Erdogan zu eigen machen. Und indirekt könnten damit auch die Rheinmetall AG und ihre Aktionäre von der Merkel-Verunglimpfung profitieren.

Aber was sagt eigentlich jemand wie Dirk Niebel zu der Türkei-Connection? Der ehemalige FDP-Politiker und heutige Rheinmetall-Lobbyist war erst am vorvergangenen Donnerstag im Schlepptau von Firmenchef Papperger in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin dabei. Das Unternehmen hatte dorthin Abgeordnete und Beamte zum Parlamentarischen Abend geladen. Der selbe Niebel saß immerhin vier Jahre lang als Entwicklungshilfeminister im Kabinett der Angela Merkel, die der neue türkische Partner von Papperger, Niebel und Co. nun als "Frau Hitler" beschimpfen lässt.

Eine Art Korruption

Es ist ja nicht so selten, dass Rüstungsunternehmer zugleich Zeitungen besitzen. Ihr Hauptkunde ist nun mal meist die eigene Regierung. Da ist es praktisch wenn man diese publizistisch umschmeicheln kann. Statt mit Geld werden die Auftraggeber mit publizistischer Schützenhilfe bestochen. Manche betrachten das folglich als eine Art der Korruption, die legal ist – wenn auch nicht sehr appetitlich.

In unserem Nachbarland Frankreich besitzt zum Beispiel der Eigentümer der Tageszeitung  "Le Figaro", Serge Dassault, zugleich auch eine Rüstungsschmiede. Sie baut das Kampfflugzeug Rafale. Dassaults Landsmann Arnaud Lagardère hielt bis 2013 Anteile an dem deutsch-französischen Rüstungskonzern EADS – und bis heute gehört ihm die Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" und das Wochenblatt "Paris Match". Beide Unternehmer wurden schon verdächtigt, zu Gunsten mächtiger Politiker in Redaktionen eigener Blätter interveniert zu haben

Die Bundesrepublik blieb von solchen Querverbindungen bisher verschont, zum Glück. Beim deutschen Unternehmen Rheinmetall hingegen ist man nicht so wählerisch. "Unternehmer sind keine Politiker", verteidigte Rheinmetall-Chef Papperger am Sonntag seine Türkei-Geschäfte.

Trotzdem machen sich die Düsseldorfer jetzt mit den publizistischen Hofschranzen des Erdogan-Regimes gemein. 

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