Die Prognosen des "Arbeitskreises Steuerschätzung" für das laufende Jahr reichen von 552,6 bis 555,9 Milliarden Euro und damit maximal drei Milliarden weniger als ursprünglich erwartet, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Rande der traditionellen Frühjahrskonferenz im sächsische Meißen erfuhr. Die amtlichen Steuerschätzer hatte im November noch Gesamteinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden von 555,6 Milliarden Euro vorhergesagt. Damit wird schon zum Auftakt der dreitägigen Beratungen klar, dass es in den kommenden Jahren kaum Spielräume für zusätzliche Ausgaben des Staates geben wird, wie sie jüngst die CSU ins Spiel gebracht hat.
Die Experten aus den Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, des Statistischen Bundesamtes und aus der Wissenschaft beraten bis Donnerstag über die Einnahmen des Staates in diesem und in den kommenden vier Jahren. Das Ergebnis ihrer Berechnungen bildet die Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Etats.
Das Bundesfinanzministerium erwartet in diesem Jahr nach Angaben aus dem Kreis 553,4 Milliarden Euro an Steuereinnahmen - das wären 2,2 Milliarden Euro weniger als im November berechnet. In den kommenden Tagen gehen die Experten jede einzelne Steuer durch, um sich am Ende auf eine gemeinsame Prognose zu einigen.
"Keine Entlastung auf der Einnahmeseite"
In Regierungskreisen hieß es, die Schätzung werde deutlich machen, wie wichtig ernsthafte Bemühungen zur Sanierung der öffentlichen Finanzen seien: "Es gibt keine Entlastung auf der Einnahmeseite." Zurzeit liegt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit vier seiner Kabinettskollegen im Clinch, die kommendes Jahr 3,5 Milliarden Euro mehr ausgeben wollen als bisher vorgesehen. Bis 2012 summieren sich ihre Mehrforderungen auf 20 Milliarden Euro.
Als besonders problematisch gilt bei der diesjährigen Mai-Schätzung eine Bewertung der Finanzkrise. Experten zufolge könnte diese den Fiskus etwa fünf Milliarden Euro kosten. So müssen Banken Schrottanleihen in ihren Bilanzen abschreiben und zahlen deswegen weniger Steuern. Wann das der Fall sein wird und in welcher Größenordnung ist aber unklar. So lagen die Steuereinnahmen im ersten Quartal dieses Jahres sogar über den Erwartungen der Steuerschätzer vom November.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß mahnte mit Blick auf die Steuerschätzung zur Vorsicht: "Wir erwarten, dass die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren dazu beitragen können, dass wir auch auf Bundesebene 2011 einen ausgeglichenen Haushalt haben werden", sagte er dem ZDF. Wie sich die Finanzkrise auswirken werde, könne noch niemand präzise sagen. Spielraum für Steuersenkungen werde es in naher Zukunft keine geben. Die Koalition habe sich darauf verpflichtet, für 2011 einen ausgeglichenen Etat vorzulegen, und das werde angesichts von milliardenschweren Risiken ohnehin schwer zu erreichen sein.
Für die Jahre 2009 bis 2012 rechnet das Finanzministerium mit einer besseren Entwicklung bei den Steuereinnahmen als in diesem Jahr, hieß es in Regierungskreisen. Genaue Zahlen liegen aber noch nicht vor.