Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) steht nicht als Kanzlerkandidat der Grünen für die nächste Bundestagswahl zur Verfügung. "Ich fühle mich geehrt, dass man mir das zutraut", sagte Fischer der Zeitung "Bild am Sonntag" zu Spekulationen, er werde 2013 für seine Partei um den Einzug ins Kanzleramt kämpfen. Zugleich hob er hervor, "eine Rückkehr des Joschka Fischer in die Politik ist ausgeschlossen". Fischer war von 1998 bis 2005 Außenminister der rot-grünen Koalition, nach der Bundestagswahl 2005 zog er sich aus der aktiven Politik zurück.
Grüne überholen SPD
Dabei wäre Fischer einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid zufolge der geeignetste Kanzlerkandidat der Grünen. Emnid befragte am vergangenen Donnerstag insgesamt 502 Personen. Auf die Frage, wer der beste Kanzlerkandidat für die Grünen wäre, belegte der 63-Jährige mit 17 Prozent Platz eins. Knapp dahinter folgten die Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin mit 16 Prozent und Renate Künast mit 14 Prozent vor den Parteichefs Cem Özdemir (13 Prozent) und Claudia Roth (8 Prozent). Ein Drittel der Befragten vertrat die Ansicht, dass eine Rückkehr Fischers in die Politik den Grünen nutzen würde.
Bei der Sonntagsfrage kamen Grüne und SPD gemeinsam auf 47 Prozent und hätten damit eine Mehrheit im Bundestag. Die Öko-Partei erreichte mit 24 Prozent wie in der Vorwoche einen historischen Höchstwert und überholte damit erstmals die SPD. Die Sozialdemokraten verloren in der bundesweiten Umfrage zwei Punkte und liegen jetzt bei 23 Prozent - ihr schlechtester Wert seit Januar 2010. Bei einem solchen Wahlergebnis hätten die Grünen somit Anspruch darauf, den Kanzler zu stellen.
Gabriel bringt Scholz und Kraft ins Spiel
Unterdessen nimmt auch in der SPD die Debatte über den nächsten Kanzlerkandidaten an Fahrt. "Jeder gewählte Ministerpräsident ist ein denkbarer Kanzlerkandidat", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der "Welt am Sonntag". Zweieinhalb Jahre vor der nächsten Bundestagswahl brachte Gabriel damit die nordrhein-westfälische Ministerpräsidenten Hannelore Kraft für den Posten ebenso ins Gespräch wie Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz oder Berlins Regierungschef Klaus Wowereit. Für einen denkbaren Spitzenkandidaten hält der SPD-Chef auch den ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück. Gabriel betonte, die K-Frage werde "Ende 2012, Anfang 2013" geklärt. Er werde dann einen Vorschlag machen.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hob vor allem die Qualifikation von Scholz für diesen Posten hervor. Dieser sei der einzige Regierungschef mit einer absoluten Mehrheit. "Natürlich steht so jemand in der ersten Reihe einer Partei, aus der dann - wenn die Zeit reif ist - die Kanzlerkandidaten bestimmt werden", sagte Steinmeier dem "Hamburger Abendblatt". Ambitionen werden nicht zuletzt auch Gabriel und Steinmeier nachgesagt. Steinmeier war bereits 2009 erfolglos gegen Kanzlerin Angela Merkel angetreten.
Gabriel zeigte auch Sympathien für einen möglichen grünen Kanzlerkandidaten. "Ich habe kein Problem damit, wenn im Jahr 2013 spekuliert wird: Wird der Rote oder wird der Grüne Kanzler - während keiner mehr davon redet, ob es Frau Merkel noch einmal wird." Der SPD-Chef betonte, er habe kein Problem mit starken Grünen, "denn die SPD will ja mit denen regieren". Eine reelle Chance für die Grünen, den Bundeskanzler zu stellen, sieht Gabriel jedoch nicht. "Ich bin sicher, dass die SPD im Bund und in den Ländern weiterhin vor den Grünen liegen wird."