Die niedersächsische Staatskanzlei soll in der Regierungszeit des heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff nach einem Zeitungsbericht doch aktiv in die Vorbereitung eines privaten Wirtschaftstreffens verwickelt gewesen sein. Zudem sei das Land über Leistungen eines Landesbetriebs am dritten Nord-Süd-Dialog 2009 sogar finanziell beteiligt gewesen, berichtet die hannoversche "Neue Presse". Die Landesregierung hatte das bislang bestritten. Ein Regierungssprecher konnte auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA zunächst nicht Stellung nehmen und kündigte eine Prüfung des Berichts an.
Wulffs Sprecher Olaf Glaeseker habe vor dem dritten Nord-Süd-Dialog telefonisch um organisatorische Hilfe durch das Veranstaltungsmanagement der Medizinischen Hochschule Hannover gebeten, zitierte die Zeitung den Sprecher der Einrichtung, Stefan Zorn. "Als Landesbetrieb des Landes Niedersachsen sind wir der Bitte der Staatskanzlei natürlich gerne gefolgt." 44 Studierende hätten deshalb bei der Veranstaltung am 11. Dezember 2009 im Flughafen Hannover geholfen, unter anderem an der Garderobe. Nach Angaben der Zeitung soll die Hochschule der Staatskanzlei die Kosten von 5245 Euro vergeblich in Rechnung gestellt haben - die Staatskanzlei habe die Begleichung abgelehnt.
Ohne Angabe von Gründen entlassen
Wegen des Verdachts der Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Veranstaltungsreihe waren am Donnerstag Räume des ausrichtenden Veranstaltungsmanagers Manfred Schmidt und von Glaeseker durchsucht worden.
Die Ermittlungen ausgelöst hatte ein Bericht auf stern.de, der Glaesekers Verbindung zu Schmidt erstmals detailliert schilderte.
Kein "dringender Tatverdacht" gegen Glaeseker
Laut Einschätzung der Staatsanwaltschaft Hannover besteht vorerst kein dringender Tatverdacht gegen Glaeseker. "Was wir derzeit haben, ist ein Anfangsverdacht", hieß es aus der Ermittlungsbehörde.
Glaeseker sei bei der Sicherstellung von Dokumenten und Computerdaten am Donnerstag in Wunstorf bei Hannover anwesend gewesen. Daher gebe es auch keine Notwendigkeit, etwa einen Haftbefehl zu beantragen. Zunächst war unklar gewesen, wo sich Glaeseker während des überraschenden Zugriffs und in den Tagen zuvor aufgehalten hatte.
Glaeseker wird verdächtigt, Durchführung und Finanzierung des Nord-Süd-Dialogs gefällig gefördert und im Gegenzug kostenlose Urlaube in Feriendomizilen von Schmidt verbracht zu haben. Wulff hatte Glaeseker ins Präsidialamt mitgenommen, ihn mitten in seiner Kreditaffäre vor Weihnachten aber als Präsidentensprecher entlassen, ohne Gründe anzugeben.
Nach früheren Presseberichten soll Veranstalter Schmidt bei der Veranstaltung im Dezember 2009 satten Gewinn gemacht haben, weil die Sponsorengelder sich auf 685.000 Euro summiert hätten, die Kosten aber nur auf 300.000 Euro.

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Landtag debattiert über Untersuchungsausschuss
Im niedersächsischen Landtag steht am heutigen Freitag erneut der umstrittene Hauskredit Wulffs im Fokus. In einer ersten Beratung wollen sich die Abgeordneten über die von der Linken geforderte Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verständigen. Eine Abstimmung ist aber erst für Februar geplant. Die nötige Stimmenzahl für eine Einsetzung eines solchen Ausschusses ist nicht sicher.
Wulff steht seit Mitte Dezember wegen eines günstigen Hauskredits, wegen Urlauben bei vermögenden Freunden und wegen seines Umgangs mit den Medien in der Kritik.
Zentis soll Wulffs Filmballausflug finanziert haben
Die Münchner "Abendzeitung" machte einen weiteren Fall bekannt. Demnach hat sich Wulff einen Ausflug zum Deutschen Filmball 2010 in München vom Marmeladen-Konzern Zentis samt Übernachtung im Bayerischen Hof finanzieren lassen. Wulffs Anwalt Gernot Lehr bestätigte den Filmballbesuch am Donnerstag auf Anfrage. Die Bezahlung der Übernachtung sei im Einklang mit den neuen Durchführungsregelungen zum niedersächsischen Ministergesetz gewesen.
Nach Darstellung von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat der Bundespräsident die offenen Fragen beantwortet. "Wulff wird das Vertrauen, das zum Teil verloren gegangen ist, auch wieder zurückgewinnen", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Nach meiner Einschätzung ist das Amt des Bundespräsidenten selbst nicht beschädigt."