Versicherungsranking Wenn man aus Gesundheitsgründen nicht mehr arbeiten kann – das sind die besten Versicherungen

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© Dieter Braun
Wer durch Krankheit oder Unfall nicht mehr arbeiten kann, dem droht der Absturz in die Armut. Wie man sich davor schützen kann? Der stern hat sich sogenannte Grundfähigkeitsversicherungen angeschaut. Hier sind die besten.

Diese Frage quält Berufstätige immer mal wieder: Was wäre, wenn ...? Was wäre, wenn ich meinen Job nicht mehr ausüben kann? Was wäre, wenn ich durch einen Bandscheibenvorfall, Rheuma oder gar Krebs meine Arbeit nicht mehr schaffe? Was wäre, wenn ich kein eigenes Geld mehr verdienen kann?

Klar, es gibt den Sozialstaat: erst Lohnfortzahlung, dann Krankengeld, später Arbeitslosengeld oder im schlimmsten Fall Hartz IV. Aber dann wird das Einkommen des Partners verrechnet und das Vermögen muss weitgehend aufgebraucht werden. Die Erwerbsminderungsrente der staatlichen Rentenversicherung leistet erst, wenn man überhaupt nicht mehr arbeiten kann und reicht meist nicht zum Leben. Besser wäre es man, sichert sich für den Falle der Fälle ab. Das Zauberwort heißt Berufsunfähigkeitsversicherung, abgekürzt „BU“. Sie garantiert ein vernünftiges Ein- und Auskommen, wenn man den angestammten Job aus Gesundheitsgründen nicht mehr schafft.

Für die meisten Akademiker und Büromenschen ist das eine prima Sache. Doch wer körperlich arbeitet, erlebt beim Finanzberater oder im Onlinevergleich eine große Enttäuschung. Für Handwerker oder Lkw-Fahrer, Kassiererinnen oder Krankenschwestern ist eine „BU“ meist unbezahlbar. Eine Monatsrente von 1000 Euro kann schnell 200 oder 300 Euro kosten – pro Monat versteht sich. Wer kann sich das leisten?

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Das Problem hat auch die Versicherungsbranche erkannt. Seit einigen Jahren gibt es immer häufiger neue Angebote mit vielversprechenden Namen. Sie heißen „Körper-Schutz-Police“, „Vitalschutz“ oder „Existenzschutz“. Gemeinsam ist ihnen, dass der Verlust bestimmter Fähigkeiten abgesichert wird: Bücken, Heben, Laufen, aber auch Sehen, Hören oder Sprechen. Daher rührt der etwas sperrige Name dieser Policen: Grundfähigkeitsversicherung.

Doch auf welche Fähigkeit kommt es besonders an? Wie erkennt man verbraucherfreundliche Tarife? Und was darf so eine Versicherung kosten?

Die passende Versicherung finden 

Um für mehr Klarheit zu sorgen, hat das unabhängige Analysehaus Morgen&Morgen für den stern die Angebote durchleuchtet. Grundlage ist eine Bewertung aller Versicherungsbedingungen. Dazu hat der stern zusammen mit den Experten das Preis-Leistungs-Verhältnis ermittelt. Verglichen wurden die Beiträge für eine Monatsrente von 1000 Euro. Für eine 30-jährige Krankenschwester liegen die Kosten zwischen 31 und 65 Euro, für einen 45-jährigen Metallbauer bei 39 bis 87 Euro. „Die Unterschiede sind erheblich“, sagt An­dreas Ludwig, Bereichsleiter Rating&Analyse bei Morgen&Morgen, „teurere Tarife haben dabei nicht unbedingt bessere Leistungen.“

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Für Körperlich Arbeitende ist der Schutz oft teuer
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Eine Monatsrente von 1000 Euro mag zunächst übertrieben wirken. Doch bei sehr viel niedrigen Summen, ist der Abstand zu Hartz IV zu gering. Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt 446 Euro. Dazu übernimmt der Sozialstaat die Miete für eine angemessene Wohnung. Private Renten werden mit der Grundsicherung im Alter und Hartz IV verrechnet. Damit man von seiner Grundfähigkeitsversicherung tatsächlich etwas hat, muss die Leistung also deutlich höher sein.

Für den Ernstfall vorsorgen

Diese Möglichkeiten haben Sie, um Ihre Existenz abzusichern: 


  • Risikolebensversicherung: Wenn der Hauptverdiener oder die Hauptverdienerin stirbt, gerät die Familie in Not. Ein Einkommen fällt weg, die Miete oder Kreditrate muss weitergezahlt werden. Um seine Lieben zumindest vor den finanziellen Folgen des eigenen Todes zu schützen, kann man eine Risikolebensversicherung abschließen – über mehrere Zehntausend oder Hunderttausend Euro. Wenn man das Ende der Laufzeit erlebt, wird allerdings nichts zurück- oder ausgezahlt.
  • Berufsunfähigkeitsversicherung: Die „BU“ leistet, wenn man im bisherigen Beruf nicht mehr voll oder nur noch in Teilzeit arbeiten kann. Mögliche Ursachen sind Krankheiten, Körperverletzung oder Kräfteverfall – einschließlich psychischer Probleme. Dann gibt es einen Teil des bisherigen Nettoeinkommens als Rente. Damit sichert die BU den erreichten Lebensstandard ab. Man kann in der Regel nicht auf beliebige andere Tätigkeiten verwiesen werden. Der Schutz ist umfassend, aber deswegen oft auch nur schwer zu bekommen oder nur für sehr hohe Beiträge.

  • Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Eine Rente gibt es nur, wenn man überhaupt nicht mehr arbeiten kann – auch nicht als Pförtner oder Sachbearbeiter im Innendienst. Diese Versicherung ist günstiger als eine BU, zahlt aber auch nur in sehr viel schwereren Fällen.

  • Grundfähigkeitsversicherung: Hier geht man Streitigkeiten um die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit aus dem Weg, weil konkrete Fähigkeiten wie Gehen, Stehen, Greifen oder Heben versichert sind. Psychische Krankheiten sind damit kaum abgedeckt.

  • Dread-Disease-Versicherung: Sie zahlt bei schweren Krankheiten wie Krebs oder Parkinson, aber auch bei Herzinfarkt oder Schlaganfall. Die weit häufigeren psychischen oder orthopädischen Leiden sind aber nicht abgesichert. Statt einer monatlichen Rente gibt es einen Einmalbetrag.

  • Private Unfallversicherung: Wenn überhaupt nichts mehr geht – diese Police bekommt eigentlich jeder. Sie zahlt bei Unfällen zu Hause, in der Freizeit oder beim Sport. Für Kinder, Hausfrauen oder Rentner geeignet, aber kaum zur Absicherung der Arbeitskraft.

Im zweiten Schritt gilt es dann, die Fähigkeiten zu erkennen, die für den eigenen Beruf unverzichtbar sind. Für den Fliesenleger sind das Knien und Bücken, für den Montagearbeiter das Greifen und Drehen der Hand. Eine Kassiererin muss sitzen können, aber auch Waren heben und tragen. Um eine Rente zu erhalten, reicht es übrigens nicht aus, dass einem die Dinge schwerer fallen. Sondern es geht um exakt definierte Fähigkeiten. Zum Beispiel 20 Minuten sitzen zu können, in einem Stuhl ohne Armlehne. Oder sich so weit bücken zu können, dass man einen Bleistift vom Boden aufheben könnte.

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Manche Klauseln sind mehr als Werbegags 
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Die Unternehmen sind kreativ darin, viele zusätzliche Leistungsauslöser zu erfinden. Andreas Ludwig von Morgen&Morgen ist von diesem Trend nicht so überzeugt: „Wichtig ist, dass die wesentlichen Fähigkeiten für körperlich arbeitenden Menschen abgesichert sind.“ Deswegen konzentriert sich der stern-Vergleich auf 15 wesentliche Grundfähigkeiten. Dabei sind nicht unbedingt die Beeinträchtigungen am wichtigsten, vor denen wir am meisten Angst haben. Der Verlust des Sehvermögens etwa passiert so selten, dass es für die Anbieter eine leichte Übung ist, das zu versichern. Viel mehr Menschen leiden aber irgendwann an Einschränkungen des Bewegungsapparats. Dann kommt es darauf an, dass die Bedingungen nicht zu spitzfindig formuliert sind.

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Einige Versicherungen machen einzelnen Berufsgruppen sehr spezifische Angebote. Dabei sind auch Werbegags, aber für Lkw- oder Busfahrer etwa sind besondere Klauseln durchaus interessant. Sie können sich zum Beispiel gegen den Verlust ihrer Lizenz infolge von Krankheiten versichern.

Bei der Auswahl eines Tarifs kommt es aber nicht nur auf die Definition der Grundfähigkeiten an, sondern auf die allgemeinen Bedingungen der Versicherung. Wichtig ist vor allem, dass die Rente rückwirkend gezahlt wird und der Prognosezeitraum nicht zu lang ist. Dabei geht es darum, wie lange der Verlust der Grundfähigkeiten andauern wird. Als Standard setzt sich immer mehr durch, dass nur sechs Monate vorausgeschaut wird. Wenn diese Frist noch ein ganzes Jahr beträgt, führt das im stern-Ranking zur Abwertung.

Die Versicherungen haben nachgebessert

Knapp die Hälfte der Tarife zählt im Preis-Leistungs-Vergleich zur Spitzengruppe. Im vergangenen Jahr hatten der stern und Morgen&Morgen die Angebote schon einmal verglichen. „Seitdem ist der Wettbewerb in Schwung gekommen“, sagt Experte Andreas Ludwig, „neue Anbieter treten auf den Markt und viele Versicherungen haben ihre Bedingungen verbessert.“ Dabei seien die Kosten kaum gestiegen. Das Angebot der Württembergischen ist sogar so günstig, dass es trotz durchschnittlicher Bedingungen im Preis-Leistungs-Vergleich fünf Sterne erhielt.

Die Ergebnisse des stern-Vergleichs sind eine gute Orientierung vor einer ausführlichen Beratung. Am besten lässt man sich ausrechnen, wie teuer die umfassendere Berufsunfähigkeitspolice wirklich wäre. Auch private Erwerbungsfähigkeitsversicherungen sind eine prüfenswerte Alternative. „Es ist eine ganz individuelle Entscheidung“, sagt Analytiker Andreas Ludwig. So persönlich wie die Grübeleien in der Nacht: Was wäre, wenn ....?

Tabelle

Zur besseren Lesbarkeit können Sie die Tabelle auch hier downloaden.

stern-Siegel

Der stern-Vergleich

  • Studie: Nach den Vorgaben der stern-Redaktion hat das Analysehaus Morgen&Morgen die Angebote von 26 Anbietern mit 51 Tarifen bzw. Tarifvarianten verglichen. Dabei wurde in zwei Stufen vorgegangen. Zunächst analysierten die Experten die Bedingungen; dann wurden die Beiträge für zwei typische Beispielfälle ermittelt. Das Gesamturteil gründet auf der Relation zwischen Bedingungen und Kosten (Preis-Leistungs-Verhältnis).
  • Bewertung: Die Tarife wurden nach 36 Kriterien geprüft. Insgesamt konnten 100 Prozent erreicht werden – 61 für den Versicherungsrahmen, 39 für die Auslöser des Verlusts von 15 wichtigen Grundfähigkeiten, die qualitativ gewichtet und bewertet wurden. Je Kriterium gab es zwischen einem und fünf Prozentpunkten zu erreichen, und sie konnten auch teilweise erfüllt werden. Die Bedingungen wurden nach dieser Skala benotet: 90 bis 100 Prozent: ausgezeichnet (•••••); 80 bis 89,5 Prozent: sehr gut (••••); 70 bis 79,5 Prozent: durchschnittlich (•••); 60 bis 69,5 Prozent: schwach (••); unter 60 Prozent: sehr schwach (•) Um die beiden höchsten Noten zu erreichen, mussten außerdem bis zu acht Mindestbedingungen erfüllt sein. Dazu zählt, dass die Rente mindestens 36 Monate rückwirkend gezahlt werden muss und der Prognosezeitraum für die Dauer der Beeinträchtigung der Grundfähigkeiten bei höchstens sechs Monaten liegen darf. Der Beitragsvergleich bezieht sich auf die tatsächlich zu zahlenden Nettobeiträge. Aus den zwei Beispielfällen wurde ein Mittelwert gebildet und ins Verhältnis zu der Qualität der Bedingungen gesetzt. Jeder Bedingungspunkt kostet im Durchschnitt 14 Euro. Die Targo gab keine Auskunft und wurde nicht bewertet. Der Tarif „Clever Protect“ der Helvetia hat zwar ausgezeichnete Bedingungen, der Beitrag ist aber durch die Anbindung an Fonds nicht vergleichbar. Für die Gesamtwertung wurde folgende Skala angelegt: Unter 13 Euro je •: 5 Sterne; 13 bis unter 14 Euro je •: 4 Sterne; 14 bis unter 15 Euro je •:  3 Sterne; 15 bis unter 16 Euro je •: 2 Sterne; Über 16 Euro: 1 Stern
  • Transparenz: Wir arbeiten nur mit Testpartnern mit hoher Expertise. Die bringt es mit sich, dass Morgen&Morgen auch als Dienstleister der Finanzbranche gefragt ist. Die Neutralität der Datenerhebung und - analyse ist aber immer gewährleistet. Die ausgezeichneten Unternehmen haben die Möglichkeit, ein stern-Siegel zu erwerben. Genauere Informationen zu den Bedingungen dieser Siegel finden Sie unter stern.de/siegel

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