Wildbad Kreuth Das peinliche Klein-Klein der CSU

  • von Hans Peter Schütz
Personell präsentierte sich die CSU in Wildbad Kreuth geschlossen, programmatisch lieferte sie - trotz abstürzender Konjunktur - nur Kleinkram. Offenbar will sich die Große Koalition trickreich bis zur Wahl durchhangeln. Und dem Wähler danach die Rechnung präsentieren.

Das Jahr 2008 war für die CSU ein Jahr des dramatischen politischen Absturzes und der personellen Abschüsse. Das Jahr 2009 soll jetzt für die bayerische Staatspartei zum Jahr der Erneuerung unter dem neuen Vorsitzenden Horst Seehofer werden. Und der wundersame Wiederaufstieg soll nach der Devise laufen "Aus der Krise Kraft schöpfen."

Man darf gespannt sein darauf - und hinter den Vorsatz einige Fragezeichen setzen. Denn auf ihrer Klausurtagung in Wildbad Kreuth haben die Christsozialen sich zwar optisch in geordneter Formation präsentiert. Ohne weiteren Zoff um die Frage, wer wann wo bei welcher Wahl antreten darf. Ein Gekabbel im Übrigen, das im wesentlichen Seehofer selbst ausgelöst hatte, weil er seine innerparteilichen Kräfte bei der Durchsetzung eher intriganter Schachzüge überschätzt hat.

Die CSU hat nämlich ihren desaströsen politischen Absturz bei der Landtagswahl noch lange nicht überwunden, selbst wenn die Demoskopen ihr im Augenblick eine geringfügige Erholung zubilligen. Und von aufrichtiger emotionaler Zuneigung zum neuen Ministerpräsidenten kann ebenfalls noch keine Rede sein. Die CSU ist weit entfernt von jenem unerschütterlichen Selbstbewusstsein, mit dem sie zu Zeiten ihrer dicken absoluten Mehrheiten agierte.

Programmatische Schmalkost

Aber: Die Bundesrepublik leidet unter der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Der Blick auf die Arbeitsmarktzahlen vom Dezember lehrt, dass es jetzt zu ersten konkreten Auswirkungen kommt. Die Exportziffern der deutschen Industrie rauschen wie noch nie seit der Widervereinigung in den Keller. Die Automobilwirtschaft, die deutsche Schlüsselindustrie, geht von fünf weiteren Krisenjahren aus.

Die CSU (im Übrigen im Bündnis mit CDU und SPD) hält bislang mit programmatischer Schmalkost dagegen. Wird der steuerliche Grundfreibetrag von 7664 Euro auf 8000 erhöht, dann hat der Steuerzahler 6,66 Euro mehr in der Tasche. Wird darüber hinaus ein wenig an der Abflachung des Steuertarifverlaufs gebastelt und am Abbau der kalten Progression, dann bleibt den Bürgern etwa ein Plus von 30 Euro im Monat. Vollends absurd wird die CSU-Linie, wenn sie wie jetzt in Kreuth "Eckpunkte" für ein Wahlprogramm der Unionsparteien präsentiert - und es mit dem Ruf flankiert, die "krisenhafte Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage verlangt klare Entscheidungen."

Und dann fordert sie unter anderem weniger Mehrwertsteuer für Babywindeln, erklärt forsch, dass Kinderlärm kein Grund für Klagen gegen Kindergärten sein dürfe und nennt die bäuerliche Milchwirtschaft für Bayern unverzichtbar.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Große Koalition operiert kurzatmig

Klein-klein dieser Machart ist eher peinlich. Vor allem vor dem Hintergrund, dass in Berlin derzeit eifrig an einem Rettungspaket für finanziell bedrohte Unternehmen gewerkelt wird. Der dafür vorgesehene "Deutschlandfonds" liegt auf der Linie der Krisenbewältigungspolitik der Großen Koalition. Die Akteure wollen sich irgendwie bis zur Bundestagswahl im September durchhangeln. Mit tricksen, tarnen, täuschen. Hier wird ein Rettungsschirm aufgestellt, dort der nächste. Kurzatmig wird operiert, um den Wählern nicht erklären zu müssen, dass am Ende vermutlich massive Opfer stehen dürften.

Das will die Große Koalition offensichtlich bis nach dem Wahltag verschieben. Keine überzeugende Form des Krisenmanagements. Es wird auf Zeit gespielt, wo man keine verlieren dürfte. Und schon gar nicht darf man als sicher unterstellen, dass die CSU nach der Wahl tatsächlich zu einer Koalition mit der FDP stehen wird, die sie jetzt als ihr Ziel ausgerufen hat.