Was, bitte, ist ein Superminister? Einer, der die wirkungsmächtigsten Ämter eines Kabinetts, in jedem Fall mehr als nur eines, auf sich vereinigt. Karl Schiller war der Erste, der so tituliert wurde, weil er in den seligen 70ern Wirtschafts- und Finanzminister war - ein Begriffskonditor der Sonderklasse, der die "Globalsteuerung" und die "Konzertierte Aktion" ins Tortenbüfett der Politik schob.
Wolfgang Clement wird in unseren Tagen so genannt, denn er schultert Wirtschaft und Arbeit. Oder Ulla Schmidt - wenn auch mit dem Schmetterling des Zweifels im Bauch -, schließlich trägt sie als Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung für nahezu alles Verantwortung, was faul ist im Staate Deutschland.
Das benebelte ordentlich die Hirne
Ist Erwin Huber ein Superminister? Der Niederbayer mit der stolpernd-polternden Zunge und den klaffenden Zähnen, durch die mühelos eine achtfach gefaltete Wanderkarte seiner Heimat geworfen werden könnte - jener kleinwüchsige Kraftmensch aus dem heiligen Land der CSU wird jedenfalls seit Edmund Stoibers jüngster Kabinettskür mit dem Super-Purpur geschmückt. Sonderminister heißt er zwar offiziell, doch um ihn wichtig, wild und wuchtig erscheinen zu lassen, beweihräucherten ihn Stoibers Ministranten emsig mit der Supervokabel "super". Das benebelte denn auch ordentlich die Hirne. Und trübte den Blick dafür, was denn nun wirklich super ist an diesem Minister.
Eigentlich gar nichts.
Chef der Staatskanzlei ist Erwin Huber, wie bisher, außerdem zuständig für die Angelegenheiten des Bundesrats - das ist in der Hierarchie eines Landeskabinetts so ziemlich das Letzte. Also wurde mächtig aufgemotzt: Die Koalition in Berlin solle er aufmischen, im Vermittlungsausschuss kräftig Schwarz in den Kompromissbottich kippen, um die rot-grünen Reformen umzufärben. Und noch eine wahrhaft historische Mission hinzugedichtet: Wie der famose Graf Montgelas vor zwei Jahrhunderten solle Huber die bayerische Verwaltung modernst reformieren. Sapperlott!
Denkt er Weihnachten noch mal übers Präsidentenamt nach?
Wozu das Blendwerk? Zunächst, um Super-Huber den Verzicht auf wirklich wichtige Ämter zu versüßen. Mehr noch aber, um seine wahre Funktion zu verdecken: Stoiber im Handumdrehen als Ministerpräsident zu ersetzen, falls der Hals über Kopf nach Berlin wechselt. Ohne das frisch installierte Bayernkabinett gleich wieder umbauen zu müssen. Mit einem Wort: Huber ist nur deshalb super, weil er superschnell den Superjob bekommen könnte.
Edmund Stoiber will Kanzler werden
Er ist Ersatzmann für Super-Stoiber - und markiert dessen brennende Ambitionen. Denn seit der vor einem Jahr um verflixte 6000 Stimmen die Wahl gegen Gerhard Schröder verloren hat, gilt sein ganzes Sinnen und Trachten nur noch Berlin. Dafür lässt er sich im "Rotfunk" WDR ins Kreuzverhör nehmen und von der Jungen Union bejubeln, dafür setzt er sich in knirschenden Widerspruch zu Angela Merkel und in "Berlin Mitte" zwischen Maybrit Illners protokollarisch nicht ebenbürtige Talkgäste. Edmund Stoiber will Kanzler werden. Schnell, denn mit jedem verschenkten Tag wird die CDU-Rivalin stärker. Und er älter. 2006, das muss er fürchten, könnte er schon zu alt aussehen.
Also müssen die Karten jetzt ausgereizt werden. Möglichst noch vor Weihnachten, wenn die (von Super-Huber) im Vermittlungsausschuss geschwärzten Schröder-Reformen zur letzten Abstimmung in den Bundestag zurückkehren. Und sich die SPD-Linke graust. Und Schröder kippt. Und neu gewählt werden muss. Und ganz fix ein Kanzlerkandidat gebraucht wird. Oder eine große Koalition notgebastelt und ein Superminister ausgelobt wird.
Strategisches aufhängen
Und wenn nicht? Die Spitzen von CDU und FDP wissen auch in diesem Fall Strategisches aufzuhängen an Stoibers Huber-Haken. Sie verzögern die Kür von Wolfgang Schäuble zum Präsidentschaftskandidaten. Bis Anfang nächsten Jahres. Den Liberalen hat ohnehin nicht geschmeckt, dass der Badener sein jüngstes Buch vom grünen Erzrivalen Joschka Fischer präsentieren ließ. Und dass er der SPD Avancen gemacht hat, die als großkoalitionär interpretiert wurden.
Schäubles und Hubers Schicksale könnten also auf vertrackte Weise miteinander verkettet sein. Der Aufstieg des einen wäre der Notfall des anderen. Und umgekehrt. Angela Merkel und Guido Westerwelle halten sich jedenfalls alle Optionen offen. Könnte ja sein, dass sich Stoiber über Weihnachten den Verzicht auf das Präsidentenamt noch mal überlegt. Falls sich Schröder als zählebig erweist und ihm selbst das Altenteil in Bayern dräut. Last Exit to Berlin.