Ehemaliger US-Außenminister Henry Kissinger warnt vor einem neuen Kalten Krieg: "China und die USA sind in der Lage, die Menschheit zu zerstören"

Henry Kissinger Porträt
Der 99-jährige Deutschamerikaner Henry Kissinger war von 1973 bis 1977 US-Außenminister unter Nixon und dessen Nachfolger Gerald Ford. Kissingers Politik ist bis heute hochumstritten. Zu seinen größten Verdiensten gehören die Entspannungspolitik zwischen den USA und der Sowjetunion, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu China und seine Shuttle-Diplomatie während des Jom-Kippur-Kriegs 1973
© Benedict Evans
Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger  sagt, China sei momentan "meine viel größere Sorge" in der Weltpolitik. Die Supermächte China und USA müssten aufpassen, nicht in einen Konflikt "schlafzuwandeln".

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hat in einem stern-Gespräch davor gewarnt, Russland zu einem Alliierten Chinas zu machen – und so den Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China weiter zu eskalieren.

Kissinger sagte: "Man kann die europäische Geschichte seit dem 17. Jahrhundert nicht ohne Russland sehen, bei jeder großen Wendung spielte Russland eine Rolle. Russland auszugrenzen entspricht nicht meiner Vision von Europa. Das würde aus Russland einen Alliierten Chinas machen. Sollte sich Russland in die Richtung bewegen, müssen wir dem widerstehen und es verhindern….Wenn dieser Krieg endet – und eines Tages wird er das –, wenn die atlantischen Bündnispartner ihre Ziele erreicht haben und Russland nicht, dann sollte die Nato stark genug sein, eine neue Beziehung zwischen Russland und Europa zu finden, so wie Europa nach den Napoleonischen Kriegen. Eine solche Lösung entspräche der europäischen Geschichte." 

China und die USA seien in der Lage die Menschheit zu zerstören, so Kissinger

Kissinger sagte weiter: "China ist meine viel größere Sorge. China und die Vereinigten Staaten sind Supermächte, die in der Lage sind, die Menschheit zu zerstören, und sie steigern diese Kapazitäten immer weiter, jedes Jahr. Der militärische Einsatz künstlicher Intelligenz erlaubt ganz neue Formen der Kriegsführung, das verschärft die Lage, denn niemand hat auch nur irgendeine Erfahrung damit. Beide haben also eine Verpflichtung, solch einen Krieg zu verhindern und ihre Rivalität einzudämmen – auf einer Ebene, die die Menschheit noch beherrscht.

Ja, wir haben bereits die Rhetorik eines Kalten Kriegs. Aber Sie werden mitbekommen haben, dass sich Präsident Bidens Nationaler Sicherheitsberater vergangene Woche vier Stunden lang mit der chinesischen Führung in Luxemburg getroffen hat und dass der Austausch als konstruktiv beschrieben wurde. Wir haben zwei Aufgaben. Erstens, strategisch stark zu sein und nicht unter die Dominanz eines anderen Staates zu fallen. Und zweitens, die Beziehungen so zu gestalten, dass wir nicht in eine Krise geraten wie die Europäer vor dem Ersten Weltkrieg, als sie in den Krieg schlafwandelten und nicht mehr wussten, wie sie da wieder herauskommen. Wenn das heute passierte, müssten wir aufpassen, nicht unsere Zivilisation zu zerstören."

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