Bei neuen Demonstrationen in Hongkong ist es am Samstag wieder zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei gekommen. Radikale Aktivisten schleuderten Gegenstände und Steine in Richtung Polizei. Auch wurden Brandsätze geworfen, eine Plastikbarrikade fing Feuer.
Bei Einbruch der Dunkelheit durchbrachen die Protestteilnehmer dann eine Absperrung vor dem Parlament. Die Polizei drängte die Demonstranten mit Tränengas und blau gefärbtem Wasser aus einem Wasserwerfer zurück. Medienberichten zufolge soll die blaue Farbe die Identifizierung von Verdächtigen erleichtern.

Zuvor hatten Tausende Demonstranten wichtige Verkehrsadern in der Nähe des Regierungsviertels besetzt. Die Polizei sprach von einer "ungenehmigten Versammlung" und "illegalen Aktionen".
China beordert offenbar Paramilitärs nach Hongkong
Indes hat das chinesische Militär Berichten in Staatsmedien zufolge neue paramilitärische Kräfte nach Shenzhen nahe der Grenze zu Hongkong verlegt. In Videoaufnahmen, die von Bürgern aufgenommen worden sein sollen, waren Militärwagen zu sehen, die nach diesen Angaben am Samstagmorgen in der Grenzstadt einrollten. Details über Stärke und Zweck der Truppenverlegung wurden nicht genannt.
Nach Angaben der Zeitung "Gobal Times" soll es sich um "Spezialkräfte" und Personal der "Wujing" genannten paramilitärischen Polizei handeln. Diese Elitetruppe des Militärs wird in China zum Schutz der inneren Sicherheit und auch zur Bewachung von Regierungsstellen eingesetzt.
Das Blatt, das zum kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" gehört, stellte keinen Bezug zu den Protesten in Hongkong her. Doch dienen solche Berichte nach Einschätzung von Beobachtern auch als Warnung an die Demonstranten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion.
Schwarze Shirts, Regenschirme und "Halleluja"
Eine ursprünglich für Samstag geplante Demo war von offizieller Seite wegen Sicherheitsbedenken nicht genehmigt worden. Dennoch gingen erneut zehntausende Menschen auf die Straße, um mehr Demokratie zu fordern. Ein langer Protestzug verstopfte die Straßen im Hongkonger Finanzviertel. Viele Demonstranten trugen schwarze T-Shirts und hatten bunte Schirme dabei, um an den Beginn der Regenschirm-Proteste vor fünf Jahren zu erinnern. Die Menschen folgten damit einem Aufruf zu einer religiösen Prozession, die entlang prominenter sakraler Stätten in den historischen Distrikt Sheung Wan und weiter in Richtung Regierungsviertel führte. Dabei sangen die Teilnehmer "Halleluja" und hielten Kreuze in die Luft. Viele "spazierten" nur, wie sie sagten, friedlich auf dem Fußweg. Doch weiteten sich die Proteste später mit Straßenblockaden aus.
Im Vorfeld hatten neue Festnahmen führender Mitglieder der Demokratiebewegung die politische Atmosphäre aufgeheizt. Die Polizei hatte Joshua Wong und Agnes Chow sowie mindestens drei weitere bekannte Aktivisten und drei der Demokratiebewegung nahestehende Abgeordnete vorübergehend festgesetzt.
Seit fast drei Monaten kommt es in Hongkong immer wieder zu Protesten, die oft mit Zusammenstößen zwischen einem kleinen Teil der Demonstranten und der Polizei endeten. Die Protestbewegung befürchtet steigenden Einfluss der chinesischen Regierung auf Hongkong und eine Beschneidung ihrer Freiheitsrechte. Auch fordern die Demonstranten eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt bei den Protesten.