Flugblatt-Affäre Aiwanger lügt, wenn er behauptet kein Extremist mehr zu sein

Hubert Aiwanger bei einem Motorradtreffen in Niederbayern
Hubert Aiwanger bei einem Motorradtreffen in Niederbayern
© Uwe Lein / DPA
Hubert Aiwanger behauptet, er sei seit seinem Erwachsenenalter kein Extremist mehr. Wie glaubwürdig ist der bayrische Wirtschaftsminister?

Hubert Aiwanger hat versichert, er sei "seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit, kein Extremist" mehr. Wer unter Druck so redet, gibt indirekt zu, dass er bis zu seinem 18. Geburtstag ein lupenreiner antisemitischer Antidemokrat war. Aiwanger ist heute 52 Jahre alt. Wie erfolgreich war sein selbstverordnetes Ausstiegsprogramm?

Das kann man an einem Satz studieren, der dem nun vermeintlich geläuterten, bürgerlichen Aiwanger 34 Jahre nach seiner angeblichen Bekehrung zum Demokraten herausrutschte. Am 10.06.23 sagte Bayerns Wirtschaftsminister auf einer Wahlkampfveranstaltung in Erding: "Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss und denen in Berlin sagt: 'Ihr habt’s wohl den Arsch offen.'"

Ähnlich argumentierten die rechtsextremen, amerikanischen Proud Boy, bevor sie im Januar 2021 das Kapitol in Washington D.C. stürmten. Sogar dem CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fiel damals auf, wie gefährlich Aiwangers verräterischer Satz ist und kommentierte: "Niemand muss sich in Deutschland die Demokratie zurückholen. Diesen Eindruck bewusst zu erwecken, puscht die Leute hoch und schürt ausschließlich Verschwörungserzählungen."

Populistische Argumentationsmuster

In seinem populistischen Aufruf zur Rückeroberung der Demokratie nutzt der Wirtschaftsminister eine klassische Machteroberungsstrategie von Rechtsextremen: Solange man gezwungen ist, in einer Demokratie zu operieren, versucht man, das gesamte System auf demokratischem Wege zu destabilisieren und zu delegitimisieren. Hat man dann durch solche Strategien schließlich die Macht erreicht, schafft man diese überaus lästige Demokratie einfach ab.

In Erding blitzte unter der bürgerlichen Maske der wahre Aiwanger auf. Ein Extremist, der nichts gelernt hat. Es gab in Hubert Aiwangers Leben keine Stunde Null. Er hat weder seine eigene extremistische Vergangenheit bewältigt, noch die seines Landes. Wenn er also heute behauptet, er sei kein Extremist mehr, lügt er. Wie glaubwürdig mag dann wohl seine Versicherung sein, er sei kein Antisemit mehr?

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