Schwarzgeldprozess Kanther hofft auf Richters Gnade

Der Kanther-Prozess wird wieder aufgerollt: Nach dem CDU-Schwarzgeldskandal war der ehemalige Innenminister vor 18 Monaten verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben - teilweise.

Im Glauben, das Recht auf seiner Seite zu haben, hat sich Manfred Kanther noch nie beirren lassen. So war es einst in den harten politischen Auseinandersetzungen im hessischen Landtag, so war es in seiner Zeit als Bundesinnenminister, so war es in den langen und für Kanther demütigenden Jahren als Beschuldigter im hessischen CDU-Schwarzgeldskandal. Der CDU-Politiker mit dem korrekten Seitenscheitel galt lange als Personifizierung von Recht und Ordnung. Dass Staatsanwälte es wagen konnten, einem Mann wie ihm Untreue vorzuwerfen, machte Kanther fassungslos. "Ich habe 30 Jahre für dieses Land gearbeitet", sagte der ehemalige Bundesinnenminister im Schwarzgeldprozess vor dem Wiesbadener Landgericht: "Und ich habe nicht vor, daran einen unehrenhaften Aspekt hängen zu lassen."

Altes Urteil aufgehoben

Einen ersten Schritt dafür hat der Bundesgerichtshof unternommen: Die Richter hoben das Urteil auf, das vom Landgericht Wiesbaden vor 18 Monaten im Schwarzgeldprozess ausgesprochen worden war: Die Richter hatten eine Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe verhängt. Auch über die Rolle des früheren CDU-Treuhänders Horst Weyrauch muss neu verhandelt werden. Er war wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nach der Entscheidung der Karlsruher Richter bleibt aber die Verurteilung in Teilen rechtskräftig, weil die Angeklagten der CDU mit den geheimen Finanzgebaren schadeten. Neu verhandelt werden muss dagegen die Beteiligung Kanthers und Weyrauchs an den Rechenschaftsberichten der Partei, in denen über Jahre das Vermögen nicht erwähnt wurde. Nach Einschätzung der Bundesrichter gefährdeten die Angeklagten das Parteivermögen in diesem Punkt allerdings nicht vorsätzlich.

Manfred Kanther wurde am 26. Mai 1939 im schlesischen Schweidnitz geboren. Nach Flucht und Vertreibung studierte er Jura und kam 1970 als Landesgeschäftsführer zur Hessen-CDU. Kanther wurde zum Organisator der Partei, die mit ihren Kampagnen etwa gegen die flächendeckende Einführung der Gesamtschule die einst übermächtigen hessischen Sozialdemokraten zunehmend in Bedrängnis brachte.

Als Landesgeschäftsführer beschloss Kanther auch, einen Großteil des Parteivermögens in die Schweiz zu verschieben. Ende 1983 transferierte der Finanzberater der Partei, Horst Weyrauch, 20,8 Millionen Mark (10,61 Millionen Euro) auf ein Konto in Zürich. Eingeweiht in die Transaktion waren neben Kanther und Weyrauch offenbar nur der damalige Landesschatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein, nicht aber der Rest der Parteiführung. Woher das Vermögen stammte, ist bis heute unklar. Sicher ist jedoch, dass sich die Beteiligten an dem Geld nicht persönlich bereichert haben.

Verantwortlich für "Großen Lauschangriff"

Die von Kanther organisierte Partei fuhr glänzende Wahlsiege ein, erreichte einen Machtwechsel aber erst 1987. Der Jurist trat als Finanzminister in die Regierung von Ministerpräsident Walter Wallmann ein. Als die CDU die Landtagswahl 1991 knapp verlor, wurde er Oppositionsführer in Wiesbaden. Zweieinhalb Jahre später berief ihn der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl als Innenminister in sein Kabinett. Der als "Schwarzer Sheriff" apostrophierte Kanther sorgte für die Einführung des "Großen Lauschangriffs" sowie einer zentralen DNA-Datei zur Speicherung von "genetischen Fingerabdrücken". Beide Neuerungen waren in den 90er Jahren hoch umstritten, sind heute jedoch Standardinstrumente der Polizei.

Weniger erfolgreich war Kanther in der Landespolitik. Als CDU-Spitzenkandidat scheiterte er bei der hessischen Landtagswahl 1995. 1998 verzichtete Kanther auf den Landesvorsitz und machte Roland Koch Platz, der ein Jahr später die hessische Landtagswahl gewinnen konnte und Ministerpräsident wurde. Nach der Niederlage der CDU/FDP-Koalition bei der Bundestagswahl im September 1998 musste er dann auch seinen Posten als Innenminister räumen. Obwohl Kanther sich nach dem Bekanntwerden der schwarzen Kasse der Hessen-CDU mutig zu seiner Verantwortung bekannte, wurde der Skandal zu einer schweren Belastung für die noch junge CDU/FDP-Landesregierung. Auf Grund der öffentlichen massiven Kritik, die Kanther als Treibjagd empfand, legte der CDU-Politiker sein Bundestagsmandat nieder. Die strafrechtliche Aufarbeitung ließ lange auf sich warten. Erst im April 2005 erging das Urteil des Landgerichts Wiesbaden, welches der BGH nun teilweise aufhob.

AP
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