Bundestagswahlkampf Merkel wagt sich aus der Deckung

Obwohl sie offiziell keinen schärferen Wahlkampf machen will, stichelt die Kanzlerin nun doch gegen ihren Herausforderer. SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier führe seine Partei kaum, sie wisse daher nicht, "wer in der SPD wirklich das Sagen hat".

Nach den Wahlschlappen in Thüringen und im Saarland verschärft Kanzlerin Angela Merkel im Bundestagswahlkampf nun doch die Angriffe auf die Sozialdemokraten. Die CDU-Vorsitzende warf SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier vor, er führe seine Partei nicht. "Ich kann nicht beurteilen, wer in der SPD wirklich das Sagen hat. Herr Steinmeier hält sich ja auch hinreichend bedeckt", sagte Merkel der "Leipziger Volkszeitung".

Die Kanzlerin reagiert damit sowohl auf Kritik aus den eigenen Reihen an ihrem Wahlkampfstil als auch auf Vorwürfe der SPD, sie ducke sich weg und wolle am liebsten keine Auseinandersetzungen. Kanzlerkandidat Steinmeier und andere SPD-Spitzenpolitiker hatten deshalb wiederholt versucht, Merkel mit dem Vorwurf der Führungsschwäche zu provozieren.

Merkel warnt vor dem linken Lager

Noch am Montag hatte Merkel erklärt, sie wolle trotz der schlechten Ergebnisse der CDU bei den Landtagswahlen ihren Wahlkampfstil nicht ändern. Nun zog sie in dem Interview deutlicher als bisher die offizielle Absage der SPD-Spitze an ein Bündnis mit der Linkspartei in Zweifel. Steinmeier möge das so sehen. Bei der jüngsten Wahl des Bundespräsidenten habe die SPD anders gehandelt und auf Stimmen der Linken für ihre Kandidatin Gesine Schwan gesetzt. "Ich persönlich glaube nicht, dass die SPD dauerhaft Ja zu rot-roten Koalitionen auf Landesebene und Nein auf Bundesebene sagen kann", sagte Merkel.

Seit dem Wahlausgang im Saarland und in Thüringen, wo die SPD zu Bündnissen mit der Linkspartei bereit ist, müsse Steinmeier mehr Rücksicht denn je auf den linken Flügel seiner Partei nehmen, sagte die Kanzlerin. Das sei für Deutschland, insbesondere in Zeiten der Krise, nicht gut.

Da SPD und Grüne zudem keine Mehrheit im Bund erreichen könnten, blieben den Sozialdemokraten nur sehr komplexe Dreierbündnisse als Machtoption. CDU und CSU müssten in der Endphase des Wahlkampfes ihren Anhängern deutlich machen, dass es klare Verhältnisse nur mit einer starken Union gebe. "Alles andere wären politische Experimente, die unserem Land nicht dienen würden", so die Kanzlerin.

Daher wolle sie mit der FDP auch bei einer hauchdünnen Mehrheit eine Koalition schmieden. "Auch wenn es nur eine Stimme Mehrheit im Bundestag gibt, werden Union und FDP eine Koalition eingehen", versicherte Merkel bei der Aufzeichnung der "Münchner Runde" des Bayerischen Rundfunks. Sie reagierte damit auch auf Forderungen von FDP-Chef Guido Westerwelle, der von Merkel wiederholt Klarheit in der Koalitionsfrage verlangt hatte.

Reuters
chs/Reuters