Einer der Orte, an dem die Demokratie in Deutschland verteidigt wird, lässt sich ohne größere Umwege in Sonneberg finden, dort, wo sich die Marienstraße mit der Karlstraße kreuzt. Hier, im Erdgeschoss eines unscheinbaren Mietshauses, trifft man, was von der einst allein herrschenden CDU übrig geblieben ist. Zwischen alten Plakaten, Büromöbeln und Parteiutensilien sitzt Beate Meißner, nippt an einer Tasse Filterkaffee und sagt: "Wir leben in einer neuen Realität."
Ihre Realität: Seit einem knappen Jahr wird der südthüringische Landkreis Sonneberg von einem AfD-Landrat regiert. "Und damit müssen wir uns arrangieren", sagt sie. "Die akademischen Debatten, die in der Hauptstadt geführt werden, können wir uns leider nicht leisten." Schon kurz nach der Wahl des Landrats im Juni 2023 hatte ihr Kreisverband mitgeteilt, dass natürlich mit dem neuen Verwaltungschef zusammengearbeitet werden müsse: Der Landkreis und seine Menschen gingen vor.
Dabei wirkt Beate Meißner so, als habe sich die CDU eine Musterpolitikerin geschnitzt. Die 42 Jahre alte Volljuristin und Mutter schenkt jedem, dem sie begegnet, ein strahlendes Lächeln und changiert je nach Gegenüber zwischen dorfkompatiblem Wertkonservatismus und unverbindlicher Weltoffenheit. Nebenbei repräsentiert sie die gesamte lokale Partei in Personalunion: als Kreisvorsitzende, als Mitglied im Kreistag, im Stadtrat und im Landtag sowie als Vizevorsitzende der nicht minder geplagten Landespartei. Beate Meißner fällt damit die komplizierte Aufgabe zu, in Sonneberg die vollständige Machtübernahme der AfD zu verhindern.
Während dieser Tage alle auf die Europawahl schauen oder auf die Landtagswahlen im Herbst, findet ihr Kampf schon früher statt: am 26. Mai, wenn in Thüringen eine wochenlange Serie von Kommunalwahlen beginnt, die in insgesamt neun Bundesländern abgehalten werden, darunter in allen fünf Ländern im Osten.