Noch vor wenigen Monaten platzte Tegel aus allen Nähten. Gemeint ist nicht der Berliner Bezirk, sondern der Flughafen im gleichnamigen Stadtteil. Der 1948 gegründete Airport unterstand zunächst den Franzosen. Erst mit der Eröffnung des sechseckigen Terminals 1974 wurde TXL zum meistfrequentierten Flughafen der Stadt mit 24 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr.
"Von der Taxivorfahrt bis zum Check-in-Schalter waren es 20 Meter, vom Counter durch den Warteraum bis zur Flugzeugtür noch mal 15 Meter", sagte Meinhard von Gerkan, der Architekt des Flughafens. "Das ist für einen Vielflieger der einzig wahre Komfort."
Bis heute ist Tegel der Flughafen der kurzen Wege, aber für viele auch eine Zumutung. Die Warteräume waren konzipiert, als hier noch keine Großraumflugzeuge andockten. Es ist eng und es gibt keine zentrale Sicherheitskontrolle. Ankommende Passagiere fluchen, weil sie oft stundenlang auf ihr Gepäck warten müssen.
Die Tage von Tegel sind gezählt
Das geplante zweite Zentralgebäude wurde nie errichtet. Stattdessen gab es Anbauten. Tegel war schon lange angezählt, weil Ende der 90er Jahre ein neuer Hauptstadtflughafen im Süden von Berlin gebaut werden sollte.
Für Juni 2012 war der Umzug des Flugbetriebs von Tegel zum neuen BER angekündigt. Doch drei Wochen vorher wurde alles abgesagt. Seitdem spricht alle Welt nur noch vom Pannenflughafen BER. Doch nun soll es Ende Oktober so weit sein – und Tegel am 8. November schließen.

Viele Berliner möchten aber weiterhin ab Tegel fliegen. Fast eine Million Berliner sprachen sich in einem Referendum 2017 für die Offenhaltung des Flughafens aus - zum Ärger der Anwohner, da der Airport von Wohngebieten umgeben ist.
Jetzt werden die Karten neu gemischt
Durch die Coronakrise ist der Flugverkehr in Tegel fast zum Erliegen gekommen. Die Flughafengesellschaft FBB spricht von einem Rückgang um 99 Prozent. So haben die Betreiber die Gunst der Stunde ergriffen und bei Luftfahrtbehörde eine zweimonatige Betriebspause beantragt.
Das Argument: Die wenigen Flüge könnten am Flughafen Schönefeld abgewickelt und so viel Geld gespart werden. Am Mittwoch stimmten auch die FBB-Gesellschafter, der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg als Eigentümer, einer "temporären Stilllegung" von Tegel zu. Noch sind nicht alle Hürden für eine vorläufige Schließung am 15. Juni genommen.
Sollte Tegel aber Mitte Juni dicht machen, könnte es das endgültige Aus bedeuten. Denn im Sommer dürfte der Flugbetrieb nur langsam anlaufen. Vielleicht wird sogar der Alleinbetrieb in Schönefeld verlängert, bis am 31. Oktober der BER aufmacht.
Dann müssten die meisten Airlines binnen kurzem noch einmal umziehen. Nur ein kleines Stück in Sichtweite weiter nach Süden, in das neue Hauptterminal des BER – wenn die Eröffnung nicht zum x-ten Mal verschoben wird.
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