Allure of the Seas: An Bord des größten Kreuzfahrtschiffs der Welt | STERN.de

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Vor der wichtigsten Tätigkeit einer Kreuzfahrt, dem Essen an Bord, kann man bei Bedarf abspecken. Die schattige Jogging-Strecke auf Deck 5 verdeutlicht einmal mehr die Dimensionen des Schiffes: Drei Runden entsprechen zwei gelaufenen Kilometern. Schilder warnen bei dieser Einbahnstraße vor "Geisterläufern". — Vor der wichtigsten Tätigkeit einer Kreuzfahrt, dem Essen an Bord, kann man bei Bedarf abspecken. Die schattige Jogging-Strecke auf Deck 5 verdeutlicht einmal mehr die Dimensionen des Schiffes: Drei Runden entsprechen zwei gelaufenen Kilometern. Schilder warnen bei dieser Einbahnstraße vor "Geisterläufern".

© Till Bartels

Im Hafen von Barcelona: Gleich läuft die "Allure of the Seas" zur Kreuzfahrt durchs Mittelmeer aus.

Die erste Überraschung: Die Orientierung ist denkbar einfach. Trotz der Größe des Schiffes mit 18 Decks wirkt die "Allure" alles andere als labyrinthisch. Ich finde mich sofort intuitiv zurecht. Zwei kombinierte Fahrstuhl- und Treppenhäuser in Bug und Heck erleichtern den Ebenenwechsel. Wer seine Kabine nicht sofort findet, gibt auf einem der Bildschirme einfach seine Kabinennummer ein und bekommt den Weg digital gewiesen.

Auf Deck 5 und 6 ziehen sich Boardwalk und Royal Promenade mit Geschäften und Bars wie eine Shopping Mall durch das Längsschiff. Hier ein Bild von der Rettungsübung, die bereits vor dem Auslaufen des Schiffs absolviert wird. Auf meiner Chipkarte, die meine Kabinentür öffnet und gleichzeitig als Zahlungsmittel dient, ist zwar der Ort des Notfall-Sammelplatzes mit G3 größer markiert als die Kabinennummer. Allerdings bleibt mir die Seenotübung ein Rätsel. Während der halben Stunde des Rumstehens lerne ich viele Mitreisende kennen, doch wo sich meine Schwimmweste für den "unlikely event of an emergency" befindet, wird mir nicht verraten. Lautes Wassergeplätscher von einem Indoor-Springbrunnen übertönt die Durchsagen der Crew.

Endlich bei Sonne auf See: Der Kunstgriff bei dieser Schiffskonstruktion besteht aus einem tiefen Einschnitt, der einen Teil des Rumpfes in zwei Hälften teilt und Raum schafft für den Central Park, eine Grünanlage mit angeblich 12.000 Pflanzen und Bäumen in Schiffsmitte.

Durch diesen Trick hat die immerhin 60 Meter breite "Allure" weniger Innenkabinen. Dafür gibt es Außenkabinen, die zwar keinen Meerblick haben, aber immerhin viel Tageslicht ins Innere lassen. Allerdings erinnert die Aussicht auf das Gegenüber eher an einen Plattenbau.

Die Perspektive des riesigen Patios im Heck auf Deck 6 zeigt die diagonale Seilrutsche mit einer über dem Abgrund schwebenden Person - eine der unendlichen vielen Freizeitmöglichkeiten von Kletterwänden bis zum Schlittschuhlaufen an Bord.

Die Zipline-Mutprobe über eine Länge von 25 Metern dauert nur wenigen Sekunden. Die "Allure" gehört zu den Spaßschiffen: Das Tagesprogramm umfasst mehrere eng beschriebene Seiten, die Passagiere haben die Qual der Wahl. Die bis zu 6296 Gäste bei Maximalbelegung der Kabinen kommen aus allen Ländern, darunter sind auch viele Chinesen, Inder, Araber und Nordamerikaner. Die "Allure" gibt sich polyglott - ein schwimmender Turm zu Babel.

Wie wäre es mit einer Runde Surfen? Auf Deck 15 stehen zwei Flowrider-Simulatoren. Laute Musik donnert aus Lautsprechern, es riecht nach Chlor. Die Gruppensession kostet 69 US-Dollar pro Person, ein Stunde Einzelunterricht 552 US-Dollar.

Die zweitwichtigste Tätigkeit bei einer Kreuzfahrt besteht im Abhängen an Deck. Dafür stehen Liegen rund um die vier Pools: Vom Kinder- über den Sports- bis zum Beachpool reicht auf Deck 15 die Auswahl.

Vor der wichtigsten Tätigkeit einer Kreuzfahrt, dem Essen an Bord, kann man bei Bedarf abspecken. Die schattige Jogging-Strecke auf Deck 5 verdeutlicht einmal mehr die Dimensionen des Schiffes: Drei Runden entsprechen zwei gelaufenen Kilometern. Schilder warnen bei dieser Einbahnstraße vor "Geisterläufern".

Im Hauptrestaurant wird auf drei Ebenen getafelt. Hier kann nicht jeder kommen und gehen, wann er möchte, es gibt zwei Sitzungen zu festen Zeiten an stets denselben Tischen. Insgesamt sind 43 Restaurants und Bars vorhanden, darunter viele mit Aufpreis. Beim Kapitändsinner sind dunkler Anzug und Abendkleid erwünscht.

Frühstücke an Bord der "Allure of the Seas"

Im Bauch der "Allure" aus rostfreien Stahl: Kein anderes Kreuzfahrtschiff bereitet täglich 30.000 Mahlzeiten zu. Sous Chef Arnold Danganan aus Indonesien gehört zu den 350 Köchen, die neben den Passagieren auch die 2100 Crew-Mitglieder versorgen, die aus 70 Nationen stammen.

Von den insgesamt 2700 Kabinen (2210 außen, 490 innen) sind die meisten State Rooms mit Balkon und Sofa, das als Zusatzbett genutzt werden kann. Zum Reisepreis addieren sich happige Nebenkosten. So kosten ein Bier 6, ein Glas Pinot Grigio im Restaurant 10, Internetzugang pro Tag 15, ein Video on demand in der Kabine 11.99 und zehn Vergrößerungen im Fotoladen 174,99 US-Dollar. Das Beverage Package mit freien Softdrinks, Bier und Tischwein schlägt mit 35 US-Dollar pro Person und Tag zu Buche.

Im Preis inbegriffen sind die zahlreichen Shows. Kreuzfahrtdirektor Jerome spricht von "amazing events", sei es im großen Amber Theater, im Aqua Theater oder auf der künstlichen Eisbahn.

Auf der Brücke mit Blick auf das Vorschiff und den Hubschrauberlandeplatz für Notfälle: Hinter getönten Scheiben glitzert das Meer. Im Kontrast zu dem bunten Unterhaltungsprogramm herrscht hier oben konzentrierte Ruhe.

Stets sucht ein Steuermann das Wasser bis zum Horizont ab. Wir steuern mit nur 15 Knoten genau nach Osten und fahren durch die Meerenge zwischen den Inseln Korsika und Sardinien auf die italienische Küste zu. "Wir verbrauchen 2,2 Tonnen Schweröl pro Stunde", sagt Gemnadiy Kryvonosov, der erste Offizier aus der Ukraine.

Noch bevor das Schiff nach einem Seetag am nächsten Morgen im Hafen von Civitavecchia festmacht und ich von Bord gehe, merke ich, was auf diesem Schiff so anders ist. Vor lauter Programm, Action und pausenlosem Entertainment kommt eines viel zu kurz: das Meer. Bei einer Kreuzfahrt mit der "Allure of the Seas" sind nicht die Häfen und die See, sondern das Schiff das eigentliche Ziel der Reise.

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